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Kolumne der Schüttgut & Prozess 1/2025

Vom Winde verweht (2)

Lieber Leser, hier finden Sie nun die Fortsetzung des Kolumnenartikels aus der letzten Schüttgut & Prozess (1/2025), der sich mit der pneumatischen Fördertechnik befasst. Zum Einstieg empfiehlt sich dessen Lektüre zuerst. Aber schauen wir nun gemeinsam in die Röhre:

Im letzten Artikel haben wir in den Simulationsfall der pneumatisch geförderten Pellets eingeführt und die qualitativen Ergebnisse beleuchtet. Dabei konnten wir bereits erkennen, dass die Förderung in einem Bereich zwischen der Pfropfenförderung und dem instabilen Bereich stattfindet.

Nun befassen wir uns mit der quantitativen Auswertung und dem Vergleich der drei Leitungsführungen. Beginnen wir uns zunächst mit der wichtigsten Eigenschaft einer Förderleitung: dem Massenstrom. In Abbildung 1 (links) findet sich der aufsummierte Massenstrom der drei Förderleitungen. Zum Vergleich ist der konstante Massenstrom von 10 t/h am Einlass aufgetragen. Anhand der Graphen lassen sich die Zahl der geförderten Pfropfen sowie ihre Masse bestimmen:

  • Variante (a) (eine Stufe): Anzahl Pfropfen: 17; durchschnittliches Masse: 5,9 kg;
  • Variante (b) (zwei Stufen): Anzahl Pfropfen: 23; durchschnittliches Masse: 3,9 kg;
  • Variante (c) (diagonal): Anzahl Pfropfen: 9; durchschnittliches Masse: 10,2 kg.

Eine gleichförmige Förderung ist üblicherweise von Vorteil, weshalb viele kleinere Pfropfen wenigen großen vorzuziehen sind. Je größer die bewegte Masse, desto mehr Reibung entsteht im einzelnen Pfropfen und desto höher die Verstopfungsneigung. Eine weitere Möglichkeit der Auswertung ist die der Gesamtmasse im System, wie in Abbildung 1 (rechts) zu sehen. Hierbei zeigen sich die Sprünge am Auslass noch etwas besser und es ist besser erkennbar, dass die Förderung in allen drei Rohrleitungen ungleichförmig erfolgt, da die Sprünge der Masse variieren und sich auch nach 60 Sekunden Förderung noch kein eingeschwungenes Verhalten zeigt.

Außerdem ist erkennbar, dass mehrere der geförderten Pfropfen dicht aufeinander folgen, insbesondere bei Variante (c), was die Ungleichmäßigkeit der Förderung noch verstärkt, da effektiv nur zu 5 Zeitpunkten gefördert wird. Dem stehen bei Variante (a) ca. 12 Förderungen gegenüber und in Variante (b) ca. 16.

Aber natürlich ist der Massenstrom nicht alles. Auch die Auswurfgeschwindigkeit kann eine Rolle für die Verwendung spielen. Die Graphen wurden aufgrund der Lesbarkeit automatisiert ausgewertet, wodurch die gemittelte Geschwindigkeit der Pfropfen und die zeitlichen Abstände bestimmt wurden:

  • Variante (a): mittlere Geschwindigkeit: 6,43 m/s; mittlerer Abstand: 2,3 s, maximaler Abstand: 5.1 s;
  • Variante (b): mittlere Geschwindigkeit: 5,94 m/s; mittlerer Abstand: 1,8 s, maximaler Abstand: 5.6 s;
  • Variante (c): mittlere Geschwindigkeit: 6,98 m/s; mittlerer Abstand: 3,4 s, maximaler Abstand: 9,6 s.

Mit weiterführender Statistik wie der Standardabweichung und dem Vertrauensintervall möchte ich Sie, an dieser Stelle verschonen. Aber auch hier zeigen sich die größere Auslassgeschwindigkeit und die höheren zeitlichen Abstände der Auslassmassen- ströme als Zeichen der ungleichmäßigeren Förderung in Variante (c) die mit erhöhten Belastungen für die Struktur und das Schüttgut einhergehen. Eine Mindestgeschwindigkeit am Auslass ist hingegen für unterschiedliche Verwendungen notwendig.

Zu guter Letzt wollen wir uns dem Prozessgas widmen. Hierbei betrachten wir den Druck am Einlass. Hierbei ist zu beachten, dass nachfolgende Komponenten oder Übergaben in dem gemessenen Druck keine Beachtung finden. In dieser Simulation wird von einer konstanten Gasgeschwindigkeit von 10 m/s ausgegangen, die mit einem unendlich hohen Druck erzeugt werden kann. Weitere Verluste spielen erst dann eine Rolle, wenn das Verhalten des Kompressors im Detail abgebildet werden soll. Dies geschieht dann über eine Gesamtbetrachtung der Verluste und über die Verwendung einer Gebläsekennlinie.

Eine Tabelle mit drei Graphen die die Schwankungen des Einlassdrucks eines Fördrsystems darstellen.

Die gemittelten Einlassdrücke finden sich in Abbildung 2. Erneut ist erkennbar, dass Variante (c) drei Druckspitzen von über 0,2 bar erzeugt bei einer Grundlast von 0 bar. Variante (a) hingegen hat nur eine Druckspitze über 0,2 bar und eine Grundlast von etwa 0,025 bar. Das gleichmäßigste Ergebnis zeigt erneut Variante (b) mit ebenfalls einer Spitze über 0,2 bar und einer Grundlast von ca. 0,05 bar. Je geringer die Druckschwankungen, umso geringer auch die Last auf die Anlagen und das Schüttgut.

Ich hoffe ich konnte in diesem zugegeben etwas trockenen Beitrag aufzeigen, welche Punkte in der Simulation sichtbar werden, und welche Erkenntnisse daraus für die pneumatische Fördertechnik gezogen werden können. In unserer Auswertung wurde an mehreren Stellen offensichtlich, dass Variante (b) mit zwei Stufen bei vorgegebener Beladung und Gasgeschwindigkeit, die gleichmäßigste Förderung zulässt, was eine verminderte Zahl an Stopfern, sowie geringerer Belastungen von Schüttgut und Struktur zulässt. Einzig bei der Auslassgeschwindigkeit lag diese Variante am niedrigsten.

Auf der anderen Seite zeigte sich Variante (c) am unzuverlässigsten. Durch das schräg verlegte Rohr läuft das Schüttgut in den regelmäßig auftretenden Förderpausen zurück, was höheren Energieaufwand und Stopfer bedeuten kann. Erst wenn sich im horizontalen Bereich wieder genug Schüttgut gesammelt hat, bricht ein neuer Pfropfen los, der das Material auf der Schrägen mittransportiert. Durch die hohen Spitzengeschwindigkeiten und starken Druckschwankungen stellt sich diese Variante als am wenigsten zuverlässig dar und erklärt, warum man Rohre wirklich nicht schräg verlegt. Vielleicht nichts neues gelernt aber besser verstanden – bis zum nächsten Mal!

Dr.-Ing. Jan-Philipp Fürstenau

Der Autor unserer Schüttgut-Kolumne ist Dr.-Ing. Jan-Philipp Fürstenau. Als Application Engineer Ansys Rocky bei der CADFEM Germany GmbH beschäftigt er sich primär im Rahmen der Partikelsimulation mit Fragen der Verfahrens- und Schüttguttechnik.

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