Standsicherheit geprüft

Zuverlässige Prüfmethoden ermöglichen präzise Sicherheitsbewertung

Aus der Schüttgut & Prozess 3/2024

Die Sicherheit von Flachbodentanks, Behältern und Silos ist von entscheidender Bedeutung. Beulen und Deformationen können die Standsicherheit und die Stabilität beeinträchtigen und müssen ernst genommen werden. Laserscan-Verfahren erkennen zuverlässig auch sehr kleine, mit dem bloßem Auge nicht sichtbare Deformationen der Hülle. TÜV SÜD arbeitet bei der Prüfung Hand in Hand mit dem Vermessungsbüro ÖbVI Petersen. Mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) steht ein zusätzliches Prüftool für die Bewertung zur Verfügung. Diese Technologie gibt Aufschluss darüber, ob ein sicherer Weiter- betrieb unter Umständen doch noch möglich ist – selbst wenn zulässige Toleranzen überschritten sind.

Zwei Flachbodentanks nebeneinander
Flachbodentanks kommen bspw. in der chemischen Industrie zum Einsatz. (Bildquelle TÜV SÜD)

Vor der ersten Inbetriebnahme

Grundsätzlich müssen Flachbodentanks, Behälter oder Silos schon vor der ersten Inbetriebnahme auf mögliche Risiken für die Standsicherheit überprüft werden. Denn viele unzulässige Verformungen sind mit bloßem Auge nicht erkennbar. Eine unabhängige Bewertung von Beulen erleichtert zudem das Gespräch mit den Versicherern, falls nachgebessert werden muss oder der Schadensersatzfall eintritt.

Bereits bei Produktion oder Transport der Flachbodentanks, Behälter oder Silos können Fehlstellen entstehen. So etwa beim Schweißen auf der Baustelle vor Ort oder beim Be- und
Entladen. Zu Qualitätseinbußen kommt es auch durch Vibrationen während der Fahrt, wenn die Behälter unsachgemäß befestigt wurden.

Im laufenden Betrieb kann fehlerhaftes Bedienen zu unerwünschter Beulenbildung führen. Fehlerquelle können zum Beispiel verstopfte Entlüftungsleitungen oder schlecht gewartete Über- und Unterdruckventile sein. Plötzlicher Unter-/Überdruck führt dann zu Verformungen am Zylindermantel. Die Folge: Tanks oder sonstige Behälter sind unter Umständen nicht mehr standsicher und damit nicht mehr einsatzbereit.

Hohe Anforderungen an die Sicherheit

Die Betreiber von Flachbodentanks, Silos oder anderen Behältern und den dazugehörigen Bühnen und Aufbauten sind dafür verantwortlich, dass ihre Anlagen den Drücken im Betrieb standhalten. Sie müssen zudem Lasten wie Sturm, Schnee, ggf. Erdbeben oder Überschwemmungen bzw. Hochwasser berücksichtigen: Kräfte, die von außen einwirken, und die individuell und in Kombination betrachtet werden müssen, um die Widerstandsfähigkeit der Behälter nachzuweisen. Das schlussendliche Urteil – sicher oder nicht? – erfolgt auf Basis von zugelassenen Normen wie z. B. dem Eurocode, wobei spezifische Standortfaktoren und die Konstruktion der Anlage berücksichtigt werden.

Grafik und Tabelle detektierter Vermessungen. Unten Tabelle oben viele bunte Linien die Schwankungen darstellen.
Per Laserscan detektieren die Vermessungs-ingenieure an welchen Stellen die tatsächlich ermittelten Punkte vom Modell eines idealtypischen, senkrecht stehenden Zylinders abweichen (Bildquelle: ÖbVI Petersen)

Nicht alle Beulen sind bedenklich

Flachbodentanks, Silos oder sonstige Behälter werden u. a. beim Herstellen und Bearbeiten von Kunststoffen, Lebensmitteln, Papier oder bei der Wasseraufbereitung eingesetzt, insbesondere aber in der petrochemischen, chemischen und pharmazeutischen Industrie. Lokale Deformationen können dazu führen, dass großflächige Teile bis hin zum gesamten Behälter einbeulen. Dann können Inhalte austreten und eine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt darstellen.
Richtig ist aber auch: Nicht alle Beulen und Deformationen sind bedenklich oder gefährlich. Es gibt zulässige Toleranzen, geregelt durch verschiedene europäische Normen. Beispielsweise definiert die DIN EN 13445 die Anforderungen für unbefeuerte Druckbehälter, während die DIN EN 13458 für Kryo-Behälter gilt. Oberirdische GFK-Behälter unterliegen der DIN EN 13121, die DIN EN 1993-1-6 behandelt Stahlbauten. Zusätzlich gibt es nationale Regelwerke für Flachbodentanks sowie die AD 2000-Merkblätter für Druckgeräte

Laserscan macht Beulen sichtbar

Entscheidend ist, Klarheit darüber zu haben, ob die Deformationen noch als zulässig gelten – oder als so gravierend, dass sie zwingend beseitigt werden müssen. Für eine zuverlässige Prüfung und Bewertung arbeitet TÜV SÜD eng mit den Experten des Vermessungsbüros ÖbVI Petersen zusammen. Per Laserscan-Technologie detektieren die Ingenieure Fehlstellen wie bspw. Beulen – auch jene, die im Grunde unsichtbar sind. Sie bringen dafür sogenannte Targets am
Behälter an, die als vorübergehende Passpunkte dienen. Die Positionen dafür werden genau bestimmt, um die anschließenden Laserscans miteinander zu verknüpfen. Dadurch entsteht ein präzises digitales Abbild des Tanks, das als Punktwolke bezeichnet wird. Diese dient als mathematisches Modell für nachfolgende Berechnungen.

Siloanlage mit Komponenten und Behältern
Viele unzulässige Verformungen bei Behältern und den vielen Komponenten sind mit bloßem Auge nicht erkennbar

Anhand dieses Modells stellen die Sachverständigen einen idealtypischen, senkrecht stehenden Zylinder dar. Anschließend vergleichen sie die Positionen der zuvor erstellten Punktwolke mit dem abstrahierten idealen Zylinder. Dabei ermitteln werden die Abweichungen ermittelt und in einer Art topografischen Karte optisch dargestellt – also dreidimensional. Durch weitere Messungen in der Folgezeit wird auch erkannt, wenn sich die Hülle im Laufe der Zeit verändert. Die so erhobenen und dokumentierten Daten dienen als belastbare Grundlage für die Entscheidung, ob der Flachbodentank oder das Silo sicher weiterbetrieben werden kann. Wenn vorhanden, kann auch die zentrische Lage eines Rührwerks überprüft werden.

FEM-Technologie bringt noch mehr Klarheit

Sind die Unregelmäßigkeiten außerhalb der zulässigen Grenzwerte, steht oft eine aufwendige Reparatur an. Doch mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) gibt es eine weitere rechtssichere Möglichkeit, Reparaturen und einen Stillstand der Anlage unter Umständen doch noch zu vermeiden. TÜV SÜD greifen auf diese Methode zurück. Denn mit diesem Tool – sozusagen eine zweite Instanz – kann die Behältergeometrie noch exakter bewertet werden. Im besten Fall können die Experten nachweisen, dass die strukturelle Integrität der Flachbodentanks, Silos und sonstiger Behälter trotz der kritischen Werte gewährleistet ist.

Dazu werden Berechnungsmodelle in kleinere Abschnitte unterteilt – sogenannte finite Elemente, die einfacher zu analysieren sind. Die Experten können so komplexe Geometrien berechnen. Die rechnergestützte Bewertung der Geometrie erfolgt gemäß den Vorgaben der DIN EN 1993-1-6 und ist wissenschaftlich bestätigt. Die Anwendung erfordert spezialisiertes mathematisches Wissen und prüftechnisches Know-how.

Reparaturen vermeiden, Sicherheit gewährleisten

Prüfer, Betreiber und zuständige Behörden – unter anderem die unteren Wasserbehörden, Kreisämter, Bezirksregierungen oder Arbeitsschutzbehörden – verfügen mit der FEM-Methode über zusätzliche und noch genauere technische Daten. Auf dieser Basis können sie rechtssicher entscheiden, wann Reparaturen notwendig sind und wann Verformungen wie Beulen tolerabel sind. Bestenfalls lassen sich zeitaufwendige und kostenintensive Reparaturen vermeiden – immer vorausgesetzt, die Sicherheit ist gewährleistet. Das FEM-Verfahren lässt sich nicht nur bei metallischen Werkstoffen anwenden, sondern auch bei Thermoplasten, faserverstärkten Kunststoffen und mattiertem Glas.

Über die TÜV SÜD

Die TÜV SÜD Industrie Service GmbH sorgt mit maßgeschneiderten Ingenieur-, Sachverständigen- und Prüfdienstleistungen für die Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit von Anlagen, Infrastruktureinrichtungen und Gebäuden. Mit Services wie Baugutachten, Bauabnahmen, Immissions- und Emissionsmessungen, Schadensanalysen, Prüfungen zum Explosionsschutz oder elektrischer Betriebsmittel nach DGUV V3 sowie Prüfungen nach Betriebssicherheitsverordnung an Aufzügen oder Druckbehältern schaffen wir objektive Bewertungen und belastbare Entscheidungs-grundlagen. Von der Machbarkeit über die Planung, den Bau und Betrieb bis hin zu Modernisierung oder Rückbau.

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