Erdung hilft!
Explosionsgefahr durch elektrostatische Aufladung bei Verladeprozessen von LKW und Big-Bags entgegenwirken
Zuckerstaub gilt in Verbindung mit Luft als explosionsfähiges Gemisch. Abhängig von der Korngröße des Materials sind Explosionen bereits ab einer sehr niedrigen Zündenergie von 5mJ möglich. Damit gehört Zuckerstaub zu den explosionsgefährlichsten Stäuben in industriellen Prozessen.
Zumal Zuckerstaub durch zahlreiche Zündquellen, z. B. mechanische oder elektrische Funken, entzündbar ist. Und allein in Deutschland 2019/20 rund 4,2 Millionen Tonnen Zucker erzeugt wurden. Somit sind die Explosionsrisiken schon rein quantitativ sehr ernst zu nehmen.
85 Prozent der in Deutschland abgesetzten Menge wurde anschließend im Handwerk, der chemischen Industrie und der Fermentationsindustrie weiterverarbeitet.1 Rund 27% aller Explosionen im Bereich der Nahrungs- und Futtermittelindustrie entfallen auf die Bereiche in und um Förderanlagen und Elevatoren.2
Aufgrund der starken Explosionsfähigkeit von Zucker werden viele Anlagen und Betriebsbereiche der weiterverarbeitenden Industrie bei der sicherheitstechnischen Betrachtung als Explosionsschutzzonen festgelegt. Big-Bag-Abfüllungen sowie die Beladung von Silofahrzeugen werden deshalb fast ausschließlich in den Explosionsschutzzonen 21 bzw. 22 durchgeführt. In diesen Zonen liegt ein Hauptaugenmerk darauf, mögliche Zündquellen zu minimieren und im besten Fall vollständig zu verhindern.
Elektrostatische Aufladung als mögliche Zündquelle bei Zucker-Verladung
Elektrostatische Aufladung entsteht immer dann, wenn zwei Stoffe mit hoher Geschwindigkeit aneinander reiben, wie bei der Förderung von Zucker in Rohren oder dem Einblasen in Tanks. Ist mindestens einer der beiden Stoffe vom Erdpotenzial isoliert oder sehr schlecht leitfähig, kann die entstehende, elektrostatische Aufladung nicht abgeleitet werden. Die Folge: Die elektrische Ladung sammelt sich auf dem Material an. Wird dann ein geerdeter Gegenstand angenähert oder die Felddurchbruchstärke überschritten, kann es zu einer schlagartigen und hochenergetischen Funkenentladung kommen. Die dabei freiwerdende Zündenergie ist abhängig von der elektrischen Kapazität des Objektes, auf dem sich die Ladungen angesammelt haben. Typischerweise kann man bei kleinen bis mittleren Metallbehältern von Zündenergien zwischen 3 – 60 mJ ausgehen.3 Silo-LKW hingegen können aufgrund ihrer Behältergröße sogar Zündenergien von deutlich über 120mJ aufweisen.4 Die potenziellen Zündenergien sind also mehr als ausreichend, um explosionsfähige Zucker-Luft-Gemische zu entzünden. Aus diesem Grund gibt in Deutschland die TRGS 727 Aufschluss darüber, welche Maßnahmen zu treffen sind, um die Gefahren durch elektrostatische Aufladung bestmöglich zu verhindern. Eine Grundaussage des Normenwerks ist: „Erdung hilft!“.
Ableitfähige Erdverbindung verhindert elektrostatische Aufladung
Dies geschieht, indem diese Erdverbindung entstehende Ladungen direkt zum Erdpotenzial ableitet. So können sich keine Ladungen auf dem Material ansammeln. Dabei sollte bei LKWs darauf geachtet werden, dass der Widerstand in der Erdverbindung einen Wert von 10^6
Ohm nicht überschreitet. Um diesen Grenzwert sicherzustellen, ist es deshalb nach TRGS 727 zweckmäßig, eine überwachte Erdung zu nutzen, um bei unzureichender Leitfähigkeit die Gefahr zu signalisieren und gegebenenfalls die Verladeprozesse automatisiert zu stoppen.
Zusätzlich ist es sinnvoll, die Verladung erst nach einem Freigabesignal freizuschalten. Moderne Erdungsgeräte wie das TIMM EKX-4 sind dazu mit verschiedenen, elektrischen und mechanischen Schnittstellen ausgerüstet, um Freigabe- und Stoppsignale an die Prozessleittechnik zu übermitteln.
Fehlerfreie Anwendung der Erdung sichergestellt
In Kombination mit der integrierten Objekterkennung sorgt das Gerät zusätzlich für die fehlerfreie Anwendung der Erdung, indem es überprüft, ob wirklich ein LKW angeschlossen ist. Ähnlich verhält es sich bei der Verarbeitung von Zucker in Big-Bags. Typischerweise werden Big-Bag- Verladeanlagen für Zucker in die Ex-Zone 21 eingestuft4, in der abhängig von der Mindestzündenergie des verarbeiteten Materials ableitfähige Big-Bags, die sogenannten FIBC Typ C, vorgeschrieben sind. Dieser Typ von Big-Bags muss laut TRGS 727 in der Gegenwart brennbarer Stäube, Gase und Dämpfe während der Befüllung und Entleerung leitfähig mit dem Erdpotenzial verbunden sein. Die Verwendung eines solchen Big-Bags ohne ausgewiesene Erdverbindung stellt die Erdung des Schüttguts nicht sicher. Für die praktische Anwendung bedeutet das, dass diese Big-Bags vor jedem Befüll- und Entleervorgang mit einer funktionsfähigen Erdungsverbindung auszustatten sind, z. B. mittels einer Erdungszange inkl. Erdungskabel.
Allerdings besteht bei dieser recht einfachen Lösung die Gefahr, dass die Kabelverbindung nicht leitfähig genug ist. Gründe dafür können z. B. ein Kabelbruch oder die nicht gut verarbeitete Erdungslasche des Big-
Bags sein. In diesem Fall können sich trotz des Erdungskabels elektrostatische Ladungen auf dem Big-Bag ansammeln und zur Zündung der explosionsfähigen Atmosphäre führen. Um diesen Problem entgegenzuwirken, sollte auch bei Big-Bags eine überwachte Erdung mit Objekterkennung mithilfe eines Erdungsgerätes wie dem TIMM EKX-FIBC durchgeführt werden. Nur so kann sich der Anwender jederzeit sicher sein, dass der Big-Bag normgerecht geerdet ist, da die Ableitverbindung automatisch und dauerhaft überprüft wird.
Für die aufsichtspflichtige Person wiederum ergibt sich durch die Objekterkennung eine zusätzliche Gewissheit: die Erdung wird nicht vergessen, das Erdungskabel ist tatsächlich am Big-Bag angeschlossen. Fehlbedienungen werden also effektiv vermieden. Über die Steuerausgänge lassen sich die Prozesssteuerung sowie Lampen oder Hupen ansteuern, um den sicheren bzw. unsicheren Zustand zu signalisieren.
Fazit
Zucker gehört aufgrund seiner geringen Mindestzündenergie zu den Stäuben mit den höchsten Explosionsrisiken. Deshalb bedarf er besonderer Aufmerksamkeit. Da elektrostatische Aufladungen ausreichen können, ein solches Zucker-Luft-Gemisch zu zünden, sollten in Deutschland die Angaben der TRGS 727 beachtet werden. Diese schreibt für LKW eine Erdverbindung mit einem maximalen Ableitwiderstand von 10^6 Ohm vor, der vor dem Befüllen oder Entleeren angebracht werden muss. Eine Überwachung der Verbindung wird dabei als zweckmäßig angesehen. Für Big-Bags-Typ C gilt, dass diese vor jeder Befüllung und Entleerung mit einer leitfähigen Erdverbindung ausgestattet werden müssen. Ein Widerstandswert von 10^7 Ohm darf dabei nicht überschritten werden. Für beide Arten der Erdung ist es sinnvoll, ein Erdungsgerät zur überwachten Erdung zu nutzen. Zum einen kann so durch die Objekterkennung die richtige Anwendung der Erdung sichergestellt werden. Zum anderen ist die Qualität der Erdungsverbindung zu jedem Zeitpunkt kontrollierbar. Mithilfe der Signale der Steuerausgänge kann im Gefahrenfall schnellstmöglich reagiert und damit den Zündgefahren elektrostatischer Aufladung effektiv vorgebeugt werden.
1 https://www.zuckerverbaende.de/zuckermarkt/zahlen-und-fakten/zuckermarkt-deutschland.html
2 FSA Leitfaden S. 53
3 TRGS 727
4 FSA Leitfaden S. 53 und S. 69
Über
Timm Elektronik ist führender Entwickler und Hersteller hochwertiger Sicherheitstechnologie „Made in Germany“ für intelligenten Explosionsschutz und erneuerbare Energien. Seit 1963 werden die Produkte im Sinne höchster Sicherheit für Mensch, Umwelt und Betriebsanlagen eingesetzt. Die elektronische Mess- und Steuerungstechnik von TIMM sorgt weltweit für Sicherheit auf Tanklagern, in Häfen und Industrieanlagen; vorwiegend in der petrochemischen und chemischen Industrie. Das eigens entwickelte intelligente Explosionsschutzkonzept (IEPC) ermöglicht eine einfache Inbetriebnahme und Wartung von Timm-Elektronik-Geräten unter Einhaltung höchster sicherheitstechnischer Standards – einer der Gründe, warum Timm Elektronik Technologieführer in seiner Nische ist.
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