Kolumne der Schüttgut & Prozess 3/2025
Der Batterie unter die Haube geschaut
Mit den Young Professionals des DSIV war ich zu Gast am iPAT-Institut für Partikeltechnik der TU Braunschweig. Dort gab es eine Führung durch die BLB – Battery LabFactory Braunschweig, die mich zu diesem Artikel inspirierte. Denn was vielen nicht klar ist: Die Leistungsfähigkeit moderner Batterien – und damit das Wohl und Wehe der Elektromobilität – liegt in nicht unerheblichem Maße in den Händen der Schüttgutverfahrenstechnik.
Ein Blick in die Autobatterie verrät, warum das Schüttgut in der Batterie entscheidet. In Abbildung 1 sehen wir die Nahaufnahmen zweier Elektrodenschnitte innerhalb einer Batterie. Die Anode ist aus Graphit gefertigt, deren „grobe“ Partikel im Bild gut sichtbar sind. Die Strukturen auf der Kathode sind deutlich kleiner und setzen sich aus Lithiumoxiden zusammen. In Anode wie Kathode wird Leitruß (sog. Carbon Black) zusammen mit polymerbasiertem Binder eingesetzt, welche gemeinsam die Partikel umschließen, elektrisch wie mechanisch verbinden und gleichzeitig durchlässig für die Ionen im Elektrolyt sein müssen.
Leitrußpartikel stellen mit Durchmessern um die 40 Nanometer die kleinsten Partikel in einer Batterie dar. Zum Vergleich werden Graphitpartikel bis zu 20 Mikrometern verwendet und Lithiumoxidpartikel bis zu einem Mikrometer. Ich denke, es wird klar, dass bei diesen Partikelgrößen und vor allem ihren Größenunterschieden, das Schüttguthandling und insbesondere die Durchmischung von Aktivmaterialien und Leitruß eine große Herausforderung darstellen.
Beim Blick auf das Prozessschema der Batteriefolienproduktion (s. Abb. 2) möchte man meinen, der Schüttgutanteil sei verschwindend gering. Doch unter dem einfachen Prozessschritt „Dispergieren“ verbergen sich etliche Schritte:
- Aufschluss der formierten Partikelagglomerate der Eingangsmaterialien,
- Trockene Durchmischung der Materialien
- Nasse Durchmischung mit Binder und Lösemittel,
- Formierung der funktionalen Strukturen.
Diese Schritte werden in der Forschung in kleinen Chargen, Schritt für Schritt, in speziellen Laborgeräten durchgeführt. Damit wird an Einzelprozessschritten detailliert analysiert, wie die Wirkzusammenhänge sind. Im industriellen Prozess hingegen gilt es, die dargestellten Prozessschritte nach Möglichkeit in einer Maschine mit möglichst großem Durchsatz, bei gleichbleibend hoher Qualität auszuführen. Dies erfordert tiefes Verständnis des Prozesses, um den Einfluss der einzelnen Prozessschritte zu verstehen und das beste Werkzeug zu finden.
Sie fragen sich sicher, was ich mit diesem Thema zu tun habe? Mit der Simulation liefern wir sowohl für das Laborgerät, wie auch für den industriellen Prozess den Röntgenblick, um in den Prozess hineinzublicken. So findet sich in Abbildung 3 die Auswertung der Partikelbelastung im trockenen Mischprozess, der zum Aufschluss der Leitrußagglomerate führt. Diese simulativen Ergebnisse wurden mit der Batteriequalität unter dem Elektronenmikroskop korreliert, um den Prozess zu verbessern.
Ein anderes Beispiel findet sich in Abbildung 4, wo der Kalandrier- und Trocknungsprozess simulativ erschlossen wurde. Hierbei wurden Schichten von 80–150 Mikrometern bis auf die Partikelskala aufgelöst, um den Einfluss der Partikelformen und -größen auf die finale Schichtdicke und Belastungen der Partikel auszuwerten. Ein wichtiger Schritt, um Energiedichte und mechanische Stabilität der Elektroden zu verbessern.
Neben der klassischen Lithium-Batterie und ihrer Produktion wird aber auch an neuartigen Batterietypen geforscht, wie zum Beispiel der Solid-State-Batterie, bei der auf die Verwendung von Lösemitteln verzichtet wird, welche den energieintensiven Trocknungsschritt notwendig machen. Ohne toxische, organische Lösemittel stellt sich jedoch die Frage nach der Mischbarkeit der Komponenten und der mechanischen Stabilität, weshalb unter anderem per Simulation analysiert wird, wie groß die Haltekräfte innerhalb der Elektrodenschichten sind und durch welche Prozessschritte bei Solid-State Batterien auf Lösemittel verzichtet werden kann.
Das heißt, auch in der laufenden Forschung schauen wir gemeinsam mit den Wissenschaftlern der Batterie unter die Haube, um Deutschland bei der Elektromobilität die Spitzenposition zu sichern. In diesem Sinne: Bleiben Sie unter Strom, lieber Leser, bis zum nächsten Mal.
Der Autor unserer Schüttgut-Kolumne ist Dr.-Ing. Jan-Philipp Fürstenau. Als Application Engineer Ansys Rocky bei der CADFEM Germany GmbH beschäftigt er sich primär im Rahmen der Partikelsimulation mit Fragen der Verfahrens- und Schüttguttechnik.
