Die große Probe

Stationärer Bohrprobenehmer für Schüttungen auf Lkw, Waggons oder Lastkähnen

ARTIKEL AUS DER SCHÜTTGUT & Prozess 2/2023

Bei zahlreichen Unternehmen in den verschiedensten Bereichen der Industrie wird loses Schüttgutmaterial dem Empfänger per Lkw angeliefert. Die Qualitätsprüfung des angelieferten Materials bei der Werkseinfahrt ist oftmals zeitintensiv und schwer durchführbar. In der Regel können nur Sichtprüfungen, bestenfalls eine manuelle Probenentnahme mit einem Eimer oder einer Schaufel durchgeführt werden. Die Aussagekraft der entnommenen Proben ist entsprechend gering, die Analyseergebnisse können leicht angezweifelt werden. Von einer normgerechten Probenahme kann in solchen Fällen keine Rede sein.

Außengelände. Lkw steht unter einer Entleerungs/Beprobungsstation und eine Probe wird über eine Bohrschnecke entnommen.
Eine Lkw-Ladung wird beprobt. Die Bohrschnecke taucht in die Materialschüttung ein
Bohrschnecke hängt im Gestänge. Ein Rohr, das in das Schüttgut eingetaucht werden kann, um eine Probe des Produktes zu entnehmen
Probenehmer bestehend aus Bohrschnecke mit Säuberungsschaber, Fahrwerk und Hubwerk

Die Lkw-Beprobung

Ohne die genauen Eigenschaften des Eingangsmaterials zu kennen, kann kein Produktionsprozess so gesteuert werden, dass das Endprodukt die gewünschte Qualität aufweist. Findet keine adäquate Beprobung des an-gelieferten Schüttgutes unmittelbar am Anlieferungsfahrzeug statt, sind Zwischenschritte nötig, um Kennt-nisse über die Qualität des Rohstoffes zu erlangen.

Skizze einer Probeannahmeanlage. Links der Führerstand eines Lkws. Dieser steht unter einem Gestell, das über dem Anhänger des Lkws ist. Rechts ist ein Silo und ein Mensch und darunter ein Förderband. Ganz rechts steht ein Container und ein Mensch.
Aufbau einer Probenahmeanlage

Das angelieferte Material könnte hierzu beispielhaft auf einen gesondert eingerichteten, überdachten Lagerplatz entladen werden, damit das Material dort manuell beprobt werden kann. Die manuelle Beprobung der Halde wirft jedoch Fragen bezüglich der Zuverlässigkeit und der Reproduzierbarkeit der Beprobung auf. Ferner muss die gesamte Lkw-Ladung nach der Beprobung per Radlader dem Materialkreislauf des Werkes zugeführt werden. Diese Vorgehensweise ist aus zwei Gründen nachteilig: Die Vorgehensweise verursacht zusätzliche Kosten und ist in den meisten Fällen mit einem kaum vertretbaren Zeitaufwand verbunden.

Eine Aufgabe für den Bohrprobenehmer

Um die Probenahme des per Lkw angelieferten Schüttgutmaterials bei der Werkseinfahrt automatisch, schnell, jederzeit reproduzierbar und aus Sicht der Arbeitssicherheit unbedenklich durchführen zu können, bietet die Roskopf Maschinen- und Metalltechnik GmbH den speziell für diese Aufgabenstellung entwickelten Bohr-probenehmer an. Das Entnahmegerät ist in Form eines Portals am Eingang des Materiallagerplatzes, bzw. vor der werkseigenen Verwiegestation platziert. Die anliefernden Lkw müssen zwangsläufig vor ihrer Entladung die Verwiegung durchlaufen, wodurch die Gelegenheit für die Beprobung – entweder vor oder nach der Verwiegung – gegeben ist.

Automatischer Start

Der Probenahmevorgang wird durch Startimpuls (Taster) der Verwiegeperson in Betrieb gesetzt und läuft automatisch ab. In der Grundstellung befindet sich die Bohrschnecke mit ausgefahrenem Schneckengang Säuberungsschaber über dem Probenauffangtrichter. Durch das anlaufende Fahrwerk des Portals wird die Bohrschnecke mit Hilfe des Horizontal-Rollschlittens über die Ladefläche des Lkw (Waggons oder Lastkahns) gefahren. Die Stellung kann flexibel vom Bedienungspersonal über Positionierungsschalter bestimmt werden.

Der Probenbohrer wird durch das Hubwerk so weit in die Ladung des Lkw hineinbewegt, bis die vorstehende Welle der Bohrschnecke die Ladefläche des Lkw erreicht. Während der Abwärtsbewegung der Bohrschnecke läuft auch der Antrieb der Bohrschnecke synchron mit, so dass die Schüttung des Lkw in der Höhe relativ zum Lkw nicht bewegt wird.

Die Entnahme

Wenn die Bohrtiefe erreicht ist, wird der Antrieb der Bohrschnecke abgeschaltet und das Hubwerk hebt den Probenbohrer aus der Lkw-Ladung hinaus. Die entnommene Probe befindet sich in den Schneckengängen der Bohrschnecke. Das Mantelrohr umgibt die Bohrschnecke und verhindert, dass das Probenmaterial aus den Schneckengängen herausfällt. Der Probenbohrer wird mit Hilfe des Horizontalfahrwerks wieder über den seitlichen Probenauffangtrichter bewegt und dort entleert. Um die Probe in den Probenauffangtrichter zu entleeren, wird die Bohrschnecke in die entgegengesetzte Drehrichtung geschaltet, so dass das Probenmaterial aus der Bohrschnecke auslaufen kann.

Der Probenbohrer ist mit einem patentierten Säuberungsschaber ausgestattet. Der zwangsweise durch die Schneckengänge geführte und bewegte Säuberungsschaber schabt an den Schneckengängen und der Innenwandung des Mantelrohres anhaftendes Probenmaterial ab. Eine grundsätzliche Säuberung wird somit nach jeder Probenahme gewährleistet. Wenn das entnommene Probenmaterial in den Probenauffangtrichter, bzw. in den sich darunter befindlichen Probenaufnahmebehälter entleert ist, ist die Entnahme einer Probe abgeschlossen.

Beprobungssituation mit einer Bohrschnecke von Oben. Man blickt in den LKS, und das Ror der Bohrschnecke ist im braunen Schüttgut.
In Lkw-Ladung eingetauchte Bohrschnecke
Im Probenaufbereitungsgebäude: Übergabe zwischen Steilförderer und Zerkleinerungsgerät (Stufe 1)

Eine oder mehrere Proben

Die Anzahl der Proben, die aus einer Lkw-Ladung entnommen werden können, ist nicht begrenzt, sondern liegt im Ermessen des Bedieners der Probenahme. Die Mindestmenge einer Einzelprobe ist von der Dimensio-nierung des Probenbohrers abhängig. Neben der Berücksichtigung von Wünschen der Anlagenbetreiber bestimmen die maximale Korngröße des zu beprobenden Materials sowie die erforderliche Bohrtiefe die mögliche Abmessung des Probenbohrers und damit auch die entnehmbare Mindestmenge der Einzelprobe.

Der Probenbohrer kann auch für räumlich geneigte Probenahmen (bis ca. ±30° Neigungswinkel) wie z. B. bei Waggons oder Lastkähnen eingesetzt werden. In diesen Anwendungsfällen wird das Gerät mit einem zusätzlichen Schwenkantrieb ausgerüstet, der die Bohrschnecke jeweils vor und nach der vorzunehmenden Probenbohrung in bzw. aus der vorgegebenen Neigung bewegt.

Praxisbeispiel aus einem Braunkohlekraftwerk

Die Beprobung des Eingangsmaterials in einem Braunkohlekraftwerk wurde von der Firma Roskopf durch einen Bohrprobenehmer mit angegliederter Aufbereitungsstation umgesetzt. Insgesamt zwei Kraftwerke wurden mit baugleichen Probenahme- und Probenaufbereitungsanlagen für die Eingangskohle ausgestattet.

Skizze eines Gabelstaplers, rechts, mit einem Lkw links und dem Vorgang der Produktentnahme über den Gabelstapler
Entnahme mittels Gabelstapler
Zerkleinerungsgerät in Produktionshalle mit viel schwarzem Schüttgut rechts und links daneben.
Zerkleinerungsgerät (Stufe 2)

Die Beprobung in der Praxis

Bei grünem Ampelsignal fährt der Lkw, beladen mit dem Eingangsmaterial, langsam unter der Portalbrücke durch. Schaltet die Verkehrsampel auf Rot, muss der Lkw anhalten. So wird die Entnahmeposition der Bohrprobe in Fahrtrichtung durch den Bediener der Probenahmeanlage vorgegeben. Die Entnahmeposition quer zur Fahrtrichtung des Lkw kann der Bediener durch Anwahl einer der vorgegebenen Positionen „links“, „Mitte“ oder „rechts“ bestimmen. Da die Menge (ca. 180 kg) und die Körnung einer Bohrprobe für die Laboruntersuchung nicht geeignet ist, muss das entnommene Material die Probenaufbereitung durchlaufen. Hierzu wird das Material durch den Steilförderer in das Aufbereitungsgebäude transportiert.

Nach einer 3-stufigen Zerkleinerung, Mischung und einer 2-stufigen Teilung wird das Material in den Probensammelbehälter eingefüllt. Wenn die Restproben von 14 hintereinander beprobten Lkw in den Behälter eingefüllt sind, ist die Beprobung der Liefereinheit abgeschlossen. Die Restproben der nächsten 14 Lkw werden in einem anderen Sammelbehälter gesammelt.

Der Probensammler ist für die Aufnahme von sechs Sammelbehältern ausgelegt. Insgesamt 84 Lkw können hintereinander automatisch beprobt werden, ohne dass das Personal die Behälter austauschen muss. Nachdem alle Sammelbehälter mit Probenmaterial befüllt worden sind, müssen diese gegen leere Behälter ausgetauscht werden. Mit Hilfe der Probenahmeanlage ist die kraftwerksseitige Kontrolle über die Qualität der angelieferten Eingangskohle 24/7 unter Ausschluss des Faktors Mensch gewährleistet. Da die Abnahme der Anlage im Beisein der Vertreter der Lieferanten durchgeführt wurde, sind die Untersuchungsergebnisse auch von den Lieferanten anerkannt.

Der Betrieb der Probenahmeanlage im Braunkohlekraftwerk trägt nicht nur maßgeblich zur Prozesssicherheit des Kraftwerks bei, sondern schafft eine geregelte, qualitätsabhängige Abrechnungsgrundlage zwischen Lieferant und Abnehmer des Materials. Die Abrechnung mit den Kohlelieferanten erfolgt auf Basis der Untersuchungsergebnisse.

Über die Roskopf Unternehmensgruppe

Seit über 60 Jahren ist Roskopf unabhängiger und verlässlicher Partner der Industrie in den Bereichen Schüttguttechnik und Industrieservice. Mit maßgeschneiderter Fördertechnik, Probenahme-Technologien sowie Systemlösungen. Gleichzeitig reicht das Spektrum an Industriedienstleistungen von Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten über zertifizierte Reparatur- und Montagearbeiten bis zur Übernahme von Produktionstätigkeiten.

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