Feststoff-Ströme steuern und regeln

Austragen und Dosieren mit modifizierten Absperrklappen

Ganz gleich, ob Produktionsanlagen bereits bestehen oder neu zu erstellen sind: Die Anforderungen an ihre Leistungsfähigkeit nehmen zu. Dies erfordert speziell angepasste Armaturen, um Feststoff-Ströme zu steuern und zu regeln. Im Fokus der neuen Aufgabenstellungen stehen Standzeit, Systemüberwachung und Servicefreundlichkeit. Hersteller entwickeln sich zunehmend zu Systempartnern und bieten bereichsübergreifende Dienstleistungen.
Produktfoto einer Industrielle Armatur, deren Klappe über ein oberhalb angebrachtes Modul (sieht auf diesem Foto aus wie ein Akku, mit orangefarbenem Endelement.
Totraumfreie Flügelschleuse FS-M mit stufenloser Drehzahlregelung Basierend auf dem Bauprinzip der Absperrklappe verfügt die Flügelschleuse aber über ein 6-flügliges, kugelförmiges Förderrad. Angetrieben von frequenzgeregelten Getriebemotoren lässt sich das Produkt durch die Rotation sauber dosieren. Produktdurchschuss und Überfüllung nachgeschalteter Anlagenteile wird wirksam verhindert. Das Flügelrad wird bei Erreichen der gewünschten Austragsmenge in der Stopp-Position blockiert, sodass ein staubdichter Verschluss erzielbar ist.

Kompetenz ist teuer.

Fundiertes Wissen über Rohstoffe, deren Beschaffung und Logistik, verfahrenstechnische Fragen oder Aufgaben der Lagerung und Verpackung fertiger Produkte hat sich innerhalb der produzierenden Betriebe meist über viele Jahre aufgebaut. Anlagenbauer investieren oft sehr viel Geld in aufwändige Testcentren, um die von ihren Kunden neu entwickelte Pulver oder Granulate zu erzeugen oder zuverlässig handhaben zu können. Die ständige Steigerung der Leistungsfähigkeit neu geplanter oder bereits vorhandener, älter Anlagen basieren auf systematischen Analysen der Schwachstellen und konsequenter Auswertung der verfahrenstechnischen Parameter.

Anlagenbauer legen bis heute in der Regel großen Wert auf die Klassifizierung und Archivierung der gewonnenen Erkenntnisse in mehr oder weniger perfektionierten Expertensystemen, um gewonnenes Wissen über Generationen von Projektingenieuren hinweg weitergeben zu können. Auf Seiten der Anlagenbetreiber gab es meist eigene Engineering-Abteilungen, die den produzierenden Betriebsteilen oft bereichsübergreifend mit Rat und Tat zur Seite standen. Findige Betriebswirte kamen mancherorts aber auf die Idee, die betriebseigenen Berater aus Kostengründen in die Selbständigkeit zu drängen oder gar ganz abzuschaffen. Was sich zunächst als probater Kostensenker darstellte, erweist sich heute in vielen Fällen als Bumerang:

Elementares Fachwissen

Elementares Fachwissen und werksinternes Know-how ging verloren und muss nun kostenintensiv neu entwickelt oder zugekauft werden. Zudem schränkt der enorme Zeit- und Kostendruck in der Entwicklung neuer Produkte – und damit einhergehender neuer Verfahren zur Herstellung – den (Wieder-)Aufbau fundierter Fachkompetenz im eigenen Haus oft deutlich ein. Die Fähigkeit, den Anbietermarkt von Anlagenkomponenten, Sensorik, Gebäudeinfrastrukturelementen und Sicherheitstechnik im Auge zu behalten ging in so manchem Betrieb nahezu völlig verloren. Die Globalisierung trägt ein Übriges dazu bei, den Überblick zu verlieren, da das internationale Angebot oft sehr marktspezifisch ist und schon aufgrund unterschiedlicher Normen und Richtlinien nicht einfach übertragbar ist. 

Anlagenbauer sehen sich seitens der Kunden daher nicht selten mit Forderungen konfrontiert, die weit über die verfahrenstechnischen Aufgabenstellungen hinausgehen. Spediteure, die früher Waren von A nach B transportierten, sind gezwungen, komplexe Beschaffungs- und Logistikaufgaben wahrzunehmen, die viel weiterreichen als es die alt hergebrachten Arbeitsfelder je vermuten ließen. Zuverlässige Partnerschaften mit auf langfristiger Zusammenarbeit ausgelegter Vertrauensbasis stehen zunehmend im Mittelpunkt einer gut funktionierenden Lieferkette.

Neue Rolle auch für Armaturenhersteller

Die Verlagerung von Prozessverantwortung hat seit längerem auch die Hersteller von Einzelkomponenten wie Armaturen, Förderaggregaten, Dosiertechnik oder Transport- und Lagertechnik erreicht.
EBRO in Hagen hat sich mit zunehmender Tendenz den gesteigerten Erwartungen an die zig-tausendfach bewährte Technik des Absperrens von Feststoff-Strömen gestellt. Dabei wachsen auch hier die Aufgabenfelder beständig. Wurden Armaturen früher im Wesentlichen als dichtschließendes Element zur Abriegelung von Silos, Behältern, Wiegeeinrichtungen oder Förderstrecken genutzt, wurde aber schon recht früh deren Fähigkeit erkannt, Produktströme einzudrosseln und somit den Volumenstrom zu beeinflussen. Dies führte bei EBRO schon in den 80er Jahren dazu, eigene Pneumatik- und später auch Elektroantriebe für Klappen zu entwickeln, die zudem auch in der Lage sind, präzise bestimmbare Klappenstellungen anzufahren, zu halten und gegebenenfalls schnell zu verändern.
Die erforderliche Steuerungs- und Regeltechnik wird heute meist im eigenen Hause entwickelt und gefertigt: Positionsrückmeldesysteme und Einbindung der Armaturentechnik in übergeordnete komplexe Steuerungssysteme gehören ebenso zum Alltag wie fortschrittliche Dosiertechnik auf Basis kostengünstiger Standard-Armaturen. Europäische Normen wie Druckgeräte- Maschinen- und Explosionsschutzrichtlinie stehen dabei ebenso im Fokus der Entwicklungen wie die Anforderungen z.B. nach KOSHA, NEMA.
Darüber hinaus werden in enger Zusammenarbeit mit Anlagenbauern und/oder -betreibern spezifische Dienstleistungen angeboten, die die Wartungs- und Instandhaltungskosten optimieren und die Energieeffizienz teils sehr deutlich erhöhen. Speziell im Bereich der Handhabung von Schüttgütern mit ihren vielfältigen anwendungstechnischen Besonderheiten stellt sich EBRO den gestiegenen Anforderungen und hat sowohl in die Entwicklung als auch in die Erprobung der Armaturen erheblich investiert.

Verschleißminimierung und Standzeitverbesserung

Die beiden Themenkomplexe gehen meist Hand in Hand. Schleißende Schüttgüter wie Glas-dotierte Kunststoffgranulate überfordern bestehende Anlagenkomponenten hinsichtlich ihrer Lebensdauer schnell. Hier gilt es, den Friktionsverschleiß, der zwangsläufig entsteht, wenn die Klappenscheibe in die Dichtmanschette eingreift, deutlich zu reduzieren, ohne die Dichtigkeit der Armatur negativ zu beeinflussen. Hierzu wird bei den INFLAS®-Armaturen zur Abdichtung des Rohrquerschnitts Luft oder Inertgas hinter die Dichtmanschette geleitet, die diese dann an die bereits geschlossene Klappenscheibe fest anschmiegt.
Inflas Industriearmatur. Oben auf der Armatur ist ein Steuerelement, das mit vielen Schläuchen die Klappe besser abdichtet. Die Klappe besteht aus einem Stück Rohr, in dem eine Art Gummiring sitzt. In diesem Gummiring ist eine Metallklappe, die beweglich ist und somit den Schüttgutdurchfluß im Rohr steuern kann.
Abb.: 1: INFLAS®-Armatur mit verschleißmindernder Aufblastechnik

Insbesondere in Verbindung mit neuen Dichtwerkstoffen und Hartstahl-Scheiben steht ein langlebiges Absperrorgan zur Verfügung. Aufgrund der konsequenten Verwendung von Standard-Bauteilen und genormter Einbauabmessungen ist der nachträgliche Einbau in bestehenden Produktionsanlagen sinnvoll. Auf Wunsch kann der Aufblas- und Entlüftungszyklus auch über die kundenseitig vorhandene Anlagensteuerung übernommen werden. Für klebende oder verkrustende Materialien steht ein integriertes Vakuumsystem zur Verfügung, dass die Dichtmanschette vor dem Öffnen vom Scheibenrand abzieht. Dieses Verfahren hat sich zudem als sehr produktschonend erwiesen, da z.B. Granulate im Verschließvorgang kaum zerrieben werden.

Keine Umlenkung der Produktströme beim Dosieren

Dosieren von Feststoffen ist aufgrund der Neigung zur Brückenbildung manchmal ausgesprochen mühsam. Insbesondere, wenn schleißende, schwer fließende oder elektrostatisch aufgeladene Stoffe abzumessen sind, kommt es zu produktionshemmenden Blockaden. Die ViDos®-Armaturen verbinden bestmögliche Widerholgenauigkeit der Dosierergebnisse mit optimierter Kostenstruktur im gesamten Umfeld. Basierend auf Standard-Armaturen mit ihrer hohen Fertigungsstückzahl und der damit verbundenen weltweit gesicherten Ersatzteilversorgung ist hier als Zusatzfunktion die Stellung der Klappenscheibe im Bereich von 0°…90° frei ansteuerbar. Dies führt zur wirksamen Eindrosselung des Produktstroms vom Grobstrom in die Feindosierung übergehend. Getriggert durch die Steuerung der Waage wird somit eine sehr genaue Kontrolle des eingetragenen Produkts ermöglicht. Dabei vibriert die Klappenscheibe mit hoher Frequenz aber kleiner Amplitude horizontal und nimmt der potentiellen Produktbrücke die Abstützmöglichkeit. Der Produktstrom bleibt in Fluss, kann sogar in der Nachdosierung wieder in Gang gebracht werden.
 
Dosierklappe: Oberhalb ein Steuerelement, darunter ein Rohrelement, in dem mit einer Art Gummiring eine ebenfalls innen liegende Klappe abgedichtet werden kann.
Abb 2.: Dosierklappe ViDos® für die Grobstrom/Feinstrom-Dosierung von Feststoffen

Abhängig vom zu dosierenden Produkt und dem Durchmesser der Armatur sind Wiederholgenauigkeiten unter 20 Gramm möglich. Zudem kann auf quer laufende Dosierschnecken verzichtet werden, der Produktstrom fällt senkrecht und wird nicht umgelenkt. Insbesondere im Lebensmittel- und Pharmabereich können Containment- und CIP-fähige ViDos® eingesetzt werden, die neben ihren platzsparenden Einbaumaßen und natürlich günstigen TCO auch vom hauseigenen Instandhaltungsteam gewartet werden können. Die ViDos® ist sowohl mit Elastomerdichtungen als auch PTFE-gedichtet lieferbar.

Vergleichmässig und kontrolliert austragen

Flügelschleusen werden zum gleichmäßigen Austrag von Pulvern und Granulaten eingesetzt, wenn keine Druckdifferenzen zu überbrücken sind (z.B. gleichmäßige Produktaufgabe auf Siebmaschinen, in Sichter und Mischer, Verhinderung der Entmischung beim Austrag aus Lagerbehältern).
Produktfoto einer Industrielle Armatur, deren Klappe über ein oberhalb angebrachtes Modul (sieht auf diesem Foto aus wie ein Akku, mit orangefarbenem Endelement.
Abb. 3: Totraumfreie Flügelschleuse FS-M mit stufenloser Drehzahlregelung Basierend auf dem Bauprinzip der Absperrklappe verfügt die Flügelschleuse aber über ein 6-flügliges, kugelförmiges Förderrad. Angetrieben von frequenzgeregelten Getriebemotoren lässt sich das Produkt durch die Rotation sauber dosieren. Produktdurchschuss und Überfüllung nachgeschalteter Anlagenteile wird wirksam verhindert. Das Flügelrad wird bei Erreichen der gewünschten Austragsmenge in der Stopp-Position blockiert, sodass ein staubdichter Verschluss erzielbar ist.

ATEX zertifiziert

Fast das gesamte Produktportfolio der EBRO-Armaturen ist per Baumuster geprüft und wird im Fall der geplanten Verwendung in ATEX-Zonen (innen und/oder außen) entsprechend gekennzeichnet. Die zur Verfügung gestellten Dokumente weisen die Armatur entsprechend aus. Da die Armaturen auch in druckstoßfester Ausführung angeboten werden können, wirken sie zudem als flamm- und zünddurchschlagfestes Element innerhalb der Anlage.

Erweiterte Aufgaben

Die Entwicklungen basieren wenn möglich immer auf bereits seit langem bewährten Standard-Armaturen, deren Erweiterung um eine über das Absperren hinaus gehende Funktion neue Aufgaben erfüllen können. Dabei steht neben der gewonnenen Funktionalität vor allem die Leistungs- und Kostenoptimierung im Vordergrund. Wartungsintervalle zu optimieren, Standzeiten zu verbessern und Dosier- und Austragsaufgaben mit modifizierten Serienprodukten zu realisieren erfordern Investitionen in R&D, die Fertigungstechnologie und die Erprobung. Kompetenz, die dazu beiträgt, auch schwierigen Schüttgütern besser auf die Sprünge zu helfen.

Kontakt:

Andreas Kühn ist Key-Account-Manager Schüttguttechnik der EBRO ARMATUREN Gebr. Bröer und beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit Mecatromation, der Kombination aus mechanischen sowie elektrotechnischen Komponenten bestehenden automatisierten Systemen, und ist bei EBRO für die Anwendung von Schüttgutarmaturen verantwortlich. Die EBRO ARMATUREN Gebr. Bröer GmbH mit Stammsitz in Hagen ist einer der weltweit führenden Hersteller von Industriearmaturen, Antrieben und Automatisierungstechnik sowie international anerkannter Partner des Maschinen- und Anlagenbaus. Die optimal zu den Armaturen passenden Antriebe werden von EBRO selbst entwickelt und produziert. Individuell entwickelte Armaturenlösungen werden auf Wunsch realisiert. Hinter der Bröer Gruppe stehen weltweit mehr als 900 Mitarbeiter an 29 verschiedenen Standorten. Im Geschäftsjahr 2017 wurde ein Umsatz von 141 Mio. Euro erwirtschaftet.
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