Ein oft unterschätztes Gefahrenpotenzial

Rohrbrände in der Schüttgutverarbeitung – nicht nur in der Nahrungs- und Futtermittelindustrie

In vielen Produktionsbereichen der Schüttgutindustrie dienen pneumatische Transportleitungen dem Materialtransport innerhalb der Produktion oder der Staubabsaugung von Bearbeitungszentren. Wenn sich entlang der Innenwände der Transportsysteme Material ablagert, kann dies zu gefährlichen Rohrbränden innerhalb des Rohrsystems führen.

Mehrere große Silos vor einem großen Haufen von Sand in einem Außenbereich bei blauem Himmel.
Ein oft unterschätztes Gefahrenpotenzial: Rohrbrände in der Schüttgutverarbeitung – nicht nur in der Nahrungs- und Futtermittelindustrie (Quellenangabe: AdobeStock, #88958872)

Unterschiedliche Ablagerungen

T&B electronic hat mittels Brandversuchen die Löschwirksamkeit verschiedener Löschmedien untersucht und daraus ein Brandschutzsystem zur sicheren Löschung von Rohrbränden entwickelt, das auf den Richtlinien des VdS basiert. Das neue Löschsystem ist mit den klassischen Funkenlöschanlagen von T&B electronic kombinierbar. Innerhalb von pneumatischen Transportleitungen sind zwei Arten von Ablagerungen als Gefahrenquelle zu unterscheiden:

Rechtes Bild: Rohr, das nach unten gelehnt ist und einsehbar ist auf einem Industriehof, pulvrige Ablagerungen, sind im Rohr und davor sichtbar. Linkes Bild: mehrere Rohre auf einem Industriehof, bei denen Ablagerungen sichtbar sind.
Bild 1: Typische Ablagerungen innerhalb einer Transportleitung. Deutlich ist zu erkennen, dass die Ablagerungen sich nicht nur im unteren Bereich, sondern überall an der Wandung befinden.

1. Organische Stoffe, z. B. Holz, Nahrungs- oder Futtermittel. Lagern sich diese Stoffe ab, werden sie durch den
    kontinuierlichen Luftstrom in der Transportleitung langsam, aber sicher getrocknet und haben damit eine
    sehr geringe Mindestzündenergie.
2. Ölhaltige metallische Stäube, z. B. bei einer Schweißrauchabsaugung, in Gießereien oder bei der Absaugung
     von Maschinen zur Bearbeitung von Leichtmetallen. Das Öl in Verbindung mit einem Metallbrand stellt eine
     erhebliche Brandlast dar.

Bild links: ein demontiertes Rohrstück mit entzündeten Ablagerungen innerhalb einer Rohrleitung auf dem Außengelände der Firma T&B. Rechts. Bild rechts: T&B-Versuchsanlage auf dem Außengelände.
Bild 2: Links zur Verdeutlichung ein demontiertes Rohrstück mit entzündeten Ablagerungen innerhalb einer Rohrleitung auf dem Außengelände der Firma T&B. Rechts: T&B-Versuchsanlage auf dem Außengelände.

Funken und Glutnester

Kommt es während der laufenden Produktion zum Eintrag von Funken oder Glutnestern, die in der Transportleitung zu Boden sinken, können diese die dort abgelagerte Brandlast entzünden. Die Rohrleitung stellt dann de facto eine Zündschnur dar, da sich in der Regel längs der gesamten Leitung an der kompletten Wandung brennbares Material abgelagert hat und der Brand durch den kontinuierlichen Luftstrom der pneumatischen Förderung angefacht wird.

Da es sich um ein geschlossenes und meist an der Decke oder auf dem Dach montiertes Rohrsystem handelt, ist die Löschung eines solchen Brandes oft problematisch: Denn in einer belegten Halle sind die Absaugleitungen oft schwer zugänglich.

Ohne anlagentechnischen Brandschutz bleibt dem Betreiber bei einem Rohrbrand nur der Löschangriff durch den abwehrenden Brandschutz, sprich durch die Feuerwehr. Diese kann jedoch nur die Rohrleitung von außen kühlen. Ein Löschangriff innerhalb der Rohrleitung verbietet sich, da jedes Öffnen der Leitung dem Brand zusätzlich Sauerstoff zuführt. Damit besteht die Gefahr eines Flash-Overs in die angrenzenden Produktionsbereiche mit der damit verbundenen Gefährdung des Personals und der Feuerwehrleute. Rohrbrände entwickeln sich äußerst dynamisch

Aufgebockt auf Metallstreben ist zur Verdeutlichung der Dynamik eines Rohrbrandes unter Ausnutzung der Windrichtung ein demontiertes Rohrstück zu sehen. Links flammt es in kleiner Flamme aus dem Rohr, rechts mit sich spaltenden großen Flammen.
Bild 3: Ein demontiertes Rohrstück zur Verdeutlichung der Dynamik eines Rohrbrandes unter Ausnutzung der Windrichtung auf dem Außenversuchsgelände. Durch den horizontalen Luftstrom wird der Brand wie bei einem Kamineffekt angefacht. Im laufenden Prozess liefert die pneumatische Förderung diesen Luftstrom.

Brandversuche

In Brandversuchen hat T&B electronic ermittelt, welche Dimensionen Rohrbrände annehmen können. Beispielhaft ist dies in den Bildern 2 und 3 dargestellt. Es ist deutlich zu erkennen, welche Dynamik ein Rohrbrand entwickeln kann, vor allem, wenn durch den pneumatischen Transport ein kontinuierlicher Luftstrom in der Rohrleitung vorherrscht.

Wie kann ein Rohrbrand innerhalb der Rohrleitung sicher erkannt und gelöscht werden? Diese Frage gilt es, bei der Bekämpfung von Rohrbränden durch vorbeugenden anlagentechnischen Brandschutz zu beantworten. Die Detektion ist relativ einfach: In pneumatische Transportsysteme integrierte Funkenmelder sind Stand der Technik, erfüllen die Anforderungen des VdS und können eine große Anzahl Funken und/oder Glutnester bzw. einen offenen Brand ohne Probleme detektieren und eine Löschanlage ansteuern. T&B electronic hat vier verschiedene Meldertypen zur Auswahl. Damit ist für jede Applikation des Anlagenbetreibers der passende Detektor verfügbar.

T&B Detektoren verschiedener Art. Sehen aus wie Antennenkabelbuchsen- von links nach rechts: Kleiner Detektor, der innerhalb des Rohres zu schweben scheint, Mitte links: Etwas größerer Detektor mit einem grünen Kopf, der auch in der Mitte der Buchse zu liegen scheint, Mitte rechts: Detektorkopf nimmt die ganze Buchsenbreite mit grünlichem Schimmer ein, ganz rechts Detektor ist mit einer Glasscheibe abgeschirmt und hat quer liegendes Element im Buchsenhals.
Bild 4: Für jede Applikation (z. B. organische, nicht-organische oder metallische Stäube) sind T&B-Detektoren verfügbar

Erfolgreich löschen?

Aber wie kann die erfolgreiche Löschung innerhalb der Rohrleitung sichergestellt werden? Zur Bekämpfung eines Rohrbrandes stehen drei verschieden Löschmedien zur Auswahl:
1. Dampf
2. Wasser
3. Gas

Betrachten wir im Folgenden die Vor- und Nachteile dieser drei Löschmedien:

1. Dampf

Dampf hat, soweit er im Produktionsprozess des Betreibers ohnehin verfügbar ist, den Vorteil, dass er im Rohrsystem einen dreidimensionalen Löscheffekt durch die Verdrängung von Sauerstoff und den Kühleffekt bewirkt. Nachteilig ist, dass es für Dampf keine durch Brandversuche bestätigten Auslegungskriterien gibt. Das heißt, dem Löschanlagen-Errichter bzw. dem Betreiber liegen keine gesicherten Daten vor, um zu berechnen, wieviel Dampf mit welchem Druck und mit welcher Temperatur benötigt wird, um einen sicheren Löscherfolg für die zu schützende Applikation zu erzielen. Und es ist nicht bekannt, wie lange der Dampf einwirken muss, um eine Rückzündung zu verhindern.

Außerdem ist zu beachten, dass es bei einem Rohrbrand durchaus möglich ist, dass das pneumatische Transportsystem beschädigt wird und damit Undichtigkeiten aufweisen kann. Dann strömt der Dampf unkontrolliert in die angrenzenden Produktionsbereiche und gefährdet die dort tätigen Mitarbeiter erheblich. Lebensgefährliche Verbrühungen sind hinsichtlich einer Gefährdungsanalyse bei Dampflöschanlagen zu berücksichtigen.

2. Wasser

Bei Verwendung von Wasser als Löschmedium kann man sich bzgl. der benötigten Menge auf diverse VdS-Richtlinien beziehen. VdS gibt jedoch ausdrücklich an, dass die Funkenlöschrichtlinie VdS 2106 Rohrbrände bzgl. der benötigten Wasserrate nicht abdeckt. Daher ist die Anlehnung an die Richtlinien für Sprühwasser- oder Feinsprühlöschanlagen anzuraten. In diesen Richtlinien sind für viele Anwendungsfälle Auslegungs-parameter hinterlegt und seitens VdS durch Brandversuche gestützt. Damit ergeben sich für die erfolgreiche Löschung eines Rohrbrandes Wasserbeaufschlagungen von 2 bis 5 Litern pro Quadratmeter und Minute, bezogen auf die gesamte Innenfläche des Transportsystems. Sollte es sich um ölhaltige Ablagerungen handeln, ist die Zumischung von Schaum gemäß VdS-Richtlinien zu empfehlen.

Es sind dem Autor keine reproduzierbaren Brandversuche bekannt, die eine Reduzierung der Wasserrate gegenüber den o. g. Wasserbeaufschlagungen rechtfertigen würden. Auch für die Dauer der Löschung zur Vermeidung von Rückzündungen gibt es für eine Wasserlöschung im Rohr keine gesicherten Angaben, so dass die gewählte Löschzeit für jede Applikation vom Errichter gegenüber dem Betreiber und seinem Versicherer zu begründen und möglichst durch Brandversuche zu untermauern wäre.

Wasser hat gegenüber Dampf den Nachteil, dass es innerhalb der Transportleitung schnell zu Boden sinkt. Hierzu hat T&B electronic Versuche zur Verteilung von Wassernebeln innerhalb von Transportleitungen durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass das Wasser in Abhängigkeit von Tröpfchengröße und Transportgeschwindigkeit nach ca. 3 bis 5 Metern zu Boden sinkt (siehe Bild 5 und 6). Eine Wasserlöschanlage muss also zur Sicherstellung des Löscherfolgs ca. alle 5 m das Löschwasser mit Düsen fein verteilt in das Rohrsystem einbringen. Dadurch erhöht man jedoch wesentlich die eingebrachte Wasserrate und generiert ein neues Problem: Das Transportsystem, inkl. seiner Halterungen ist für das große Gewicht des Wassers nicht ausgelegt. Es ist genau zu prüfen, inwieweit die Löschanlage die Statik des pneumatischen Transportsystems überlasten wird. Als Gegenmaßnahme kann das Transportsystem z. B. mit Gefälle versehen werden, allerdings bleibt dann immer noch das Problem, dass das kontaminierte Löschwasser am tiefsten Punkt des Transportsystems austritt und entsorgt werden muss.

Bei Absaugleitungen, die Leuchtmetallstäube transportieren, sind Wasser und Dampf naturgemäß völlig ungeeignet, da die hohe Temperatur eines Leichtmetallbrandes die Wassermoleküle aufspaltet und der dadurch freigesetzte Sauerstoff den Rohrbrand erst richtig entfacht.

3. Gas

Beim Löschmedium Gas stellen sich die Rahmenbedingungen deutlich günstiger dar: T&B electronic setzt zur Bekämpfung von Bränden innerhalb von Rohrleitungen das Löschgas Argon ein. Argon ist als Edelgas in der Luft enthalten, für Personen ungiftig, kann Leichtmetallbrände löschen, belastet das pneumatische Transportsystem statisch nicht und kann rückstandsfrei über die Lüftungsanlagen entsorgt werden.

Das früher häufig eingesetzte Löschmittel CO2 kann man für den Einsatz bei Rohrbränden hingegen ausschließen. Für Leichtmetallbrände ist es analog zu Wasser aufgrund seiner Molekülstruktur nicht geeignet, zusätzlich stellt es analog zum Dampf bei Undichten des pneumatischen Transportsystems im Brandfall aufgrund seiner Toxizität eine erhebliche Personengefährdung dar.

Ausschlaggebend bei der Auswahl des Löschgases war für T&B zusätzlich die Tatsache, dass für Argon eine VdS-Richtlinie vorliegt, die für (fast) jeden Anwendungsfall die Löschgaskonzentration innerhalb des vom Rohrbrand betroffenen Transportsystems vorgibt. In der Richtlinie ist auch explizit beschrieben, wie lange die vorgegebene Löschgaskonzentration gehalten werden muss (sogenannte Haltezeit), um Rückzündungen zu verhindern. Damit gibt es eine technische Vorgabe, die auf Vorgaben des VdS basierend alle Parameter der Löschanlage definiert und dem Betreiber und seinem Versicherer die Gewähr für ein sicheres Brandschutz-system gibt. Die eingesetzte Menge Argon ist dabei so gering, dass sie als ungiftiges Edelgas beim evtl. Austritt aus der Rohrleitung innerhalb der Produktionsbereiche nur so wenig Sauerstoff verdrängt, das i. d. R. keine Personenschutzmaßnahmen erforderlich sind.

Oftmals wird als Nachteil von Gaslöschanlagen angeführt, dass es zu einer Produktionsunterbrechung kommt, da der Förderventilator abgeschaltet werden muss, um die o. g. Haltezeit von ca. 10 Minuten innerhalb des Transportsystems zu gewährleisten.

Nach einem Rohrbrand ist es jedoch in jedem Fall erforderlich, den pneumatischen Transport zu stoppen, die Rohrleitung zu inspizieren, evtl. noch vorhandene Glutnester zu beseitigen und vor allem die Rohrleitung, insbesondere die Halterungen, auf Beschädigungen durch die entstandene hohe Wärmeentwicklung in Folge des Brandes zu untersuchen. Insofern ist die genannte Produktionsunterbrechung kein Nachteil der Argon-Löschanlage, sondern aus Sicherheitsgründen nach einem Rohrbrand in jedem Fall erforderlich.

Sollte es technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht vertretbar sein, die Öffnungen des Transportsystems mit Schiebern zu verschließen, um die Löschgaskonzentration im Transportsystem sicher aufrechtzuerhalten, so ist die Anlage mit einer Halteflutung zu versehen (d. h. es wird kontinuierlich Argon nachgefördert) und mittels einer Probeflutung die Wirksamkeit der Löschanlage hinsichtlich der Einhaltung der Haltezeit nachzuweisen. Da Argon rückstandsfrei entsorgt werden kann, stellt dies für den Betreiber keinen besonderen Aufwand dar.

Abgebildet ist eine pneumatische Transportleitung von 250 mm Durchmesser, in der eine Luftgeschwindigkeit von 36 m/s von links nach rechts herrscht. Ein Pfeil deutet an, dass die Förderrichtung von links nach rechts verläuft. Publiziert auf schuettgutmagazin.de
Bild 5: Abgebildet ist eine pneumatische Transportleitung von 250 mm Durchmesser, in der eine Luftgeschwindigkeit von 36 m/s von links nach rechts herrscht. Die Löschdüse befand sich 3 m links vom abgebildeten Plexiglasrohr (Bilder 1 bis 6: T&B electronic GmbH).
Ein Glasrohr macht den blau eingefärbten Sprühnebel deutlich, der nach wenigen Metern überwiegend am Boden der Rohrleitung liegt. Publiziert auf schuettgutmagazin.de
Bild 6: Es ist deutlich zu erkennen, dass sich der von der Löschdüse erzeugte blau eingefärbte Sprühnebel nach wenigen Metern überwiegend am Boden der Rohrleitung abgesetzt hat. Die seitliche und obere Wandung der Rohrleitung wird nur noch wenig mit Wasser beaufschlagt, ein Brand wäre hier nicht sicher gelöscht worden.

Fazit

Von allen verfügbaren Löschmedien erfüllt nur Argon alle Anforderungen der Betreiber und der Versicherer (siehe Tabelle). In Kombination mit der VdS-zugelassenen Funkenerkennung von T&B stellt die Argon-Löschung damit eine
technisch ausgereifte Lösung dar und ist allen anderen Löschmedien überlegen.

Tabelle der T&B electronic in Bezug auf Löschmedien. Obere Zeile: Löschmedien VdS-Richtline vorhanden: Dampf - Wasser - Argon, nächste Zeile: - für die Löschmittelmenge - bei Dampf nein, bei Wasser und Argon ja, nächste Zeile: - für die Lösch- und Haltezeit: Dampf und Wasser nein, Argon ja, folgende Zeile: keine statische Belastung des Rohres: Dampf und Argon ja, Wasser nein, vorletzte Zeile: Rückstandsfreie Löschung: Dampf und Argon ja, Wasser nein. Letzte Zeile: Keine Personengefährdung: Dampf nein, Wasser und Argon ja. Publiziert auf schuettgutmagazin.de
Vor- und Nachteile der verschiedenen Löschmedien zur Rohrbrandlöschung

Über T&B electronic GmbH

T&B electronic hat seit Gründung 1984 weltweit über 30.000 T&B Anlagen verkauft und ist heute einer der Marktführer in Europa auf dem Gebiet des vorbeugenden anlagentechnischen Brandschutzes. Als VdS anerkannter Hersteller und Errichter für Funkenlöschanlagen und VdS anerkannter Errichter für Sprühwasserlöschanlagen gehören zum erweiterten Produktportfolio u. a. auch Infrarotkameras, Argonlöschanlagen sowie Brandmeldeanlagen nach DIN 14675.

Neben dem Unternehmensbereich Funkenlöschanlagen baut T&B den Bereich Wasserlöschanlagen aus.

Zum Thema Rohre auf schuettgutmagazin.de finden Sie einige Artikel. Beispielsweise:

Verschleißschutzprogramm für Rohre

Rohrsysteme einfach reinigen

 

Funkenlöschanlagen, Explosionsschutz, vorbeugender Brandschutz, Argonlöschanlagen

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