Sicheres Lagern und pneumatisches Fördern von getrocknetem Klärschlamm

Effiziente und schadstoffarme Technologie für Verbrennungsanlagen

ARTIKEL AUS DER SCHÜTTGUT & Prozess 5/2023 von Stefan Funke

In Kläranlagen durchläuft unser Abwasser mehrere Behandlungsstufen, um von Schmutz- und Nährstoffen gereinigt zu werden; das Endprodukt dieser Prozesse ist der sogenannte Klärschlamm (KS). Dieser enthält alle „Abfälle“, die während der Abwasserbehandlung anfallen, darunter Schwermetalle, organische Schadstoffe wie Arzneimittelrückstände, Krankheitserreger, Nanomaterialien und Kunststoffreste. Aufgrund der hohen Konzentration und Vielfalt an Schadstoffen im Klärschlamm hat sich der Trend zunehmend von der direkten landwirtschaftlichen Verwendung zu Methoden der thermischen Entsorgung verschoben. Für den vollgetrockneten Klärschlamm ist die pneumatische Förderung ein kostengünstiges und betriebssicheres Fördersystem zur Verbrennungsanlage.

Klärschlammpellets, braun und zum Teil gebrochen.
Klärschlammpellets für eine thermische Verwertung

Klärschlamm, der mindestens 20 Gramm Phosphor pro Kilogramm Trockenmasse enthält, sowie Asche aus der Klärschlammverbrennung muss nach Ablauf der Übergangsfristen (2029/2032) einer Phosphorrückgewinnung unterzogen werden, damit diese wertvolle Ressource dem Kreislauf erhalten bleibt. [1] Die Rückgewinnung von Phosphor ist sinnvoll nur aus der reinen Klärschlammasche möglich. Es entfällt ab 2029/2032 die Möglichkeit zur Mitverbrennung als Sekundärbrennstoff. Die Verbrennung erfolgt somit sinnvoll in sogenannten Klärschlamm-Monoverbrennungsanlagen mit anschließender oder externer Phosphor- Rückgewinnung.

Hier hat sich in den letzten Jahren die stationäre Wirbelschicht als bevorzugte Feuerungsart durchgesetzt. Sie stellt eine besonders effiziente und schadstoffarme Technologie für Verbrennungsanlagen dar. Als weiter Feuerungsart wird die Verbrennung im Drehrohrofen angewandt.

Für den Anlagenbauer und Betreiber von Klärschlamm-Verbrennungsanlagen sind die Lagerung und der Transport des entwässerten bzw. getrocknetem Klärschlamm (ca. 20 % bis 65 % TS-Gehalt), bzw. des. vollgetrocknetem Klärschlamm (TS-Gehalt > 85 %), aber auch der Bett-/ und Flugaschen, Kalkhydrate und Aktivkoks, sowie das Neusand-Handling in den Ofen, lager- und fördertechnische Anforderungen, die es zu lösen gilt.

Ist der Transport der entwässerten und der getrockneten Klärschlämme bisher mechanischen Förderern vorbehalten, stellt für den vollgetrockneten KS die pneumatische Förderung ein kostengünstiges und betriebssicheres Fördersystem dar.

Förderrohre, die neben einem Industriegebäude über eine größere Strecke gerade aus sichtbar sind.
Abb.: Förderrohr-Schubtaktsystem

Der Transport

Die Anlieferung von vollgetrocknetem Klärschlamm zur Verbrennungsanlage erfolgt größtenteils per Silofahrzeug. Die Bevorratung erfolgt in Siloanlagen. Sollte die Entladung mit einem Silokompressor direkt am LKW in die Silos erfolgen, ist auf eine Kühlung der Förderluft unter den zulässigen Wert zu achten. Die Silos, deren Ausrüstung und die Austragsorgane sind verfahrenstechnisch dem Produkt anzupassen und Explosionsschutzmaßnahmen gemäß Explosionsschutzkonzept zu berücksichtigen. Bei außenstehenden Siloanlagen ist eine Isolierung des Silokörpers notwendig, um unzulässig hohe Temperaturen im Silo zu vermeiden. In der Regel wird der Silokonus bis zu einer max. Temperatur von 80 ◦C beheizt.

Vollgetrockneter KS dient auch zur kurzfristigen Regelung der Verbrennungstemperatur im Ofen und wird dosiert zwischen ca. 1.000 kg/h bis 2.500 kg/h der Verbrennung zugegeben.

Größte Vorteile

Größte Vorteile der pneumatischen Förderung sind, dass es sich um ein geschlossenes Fördersystem handelt und sehr lange und umlenkreiche Förderwege wirtschaftlich und auf kleinstem Raum realisierbar sind. Auch können die notwendigen Explosionsschutzmaßnahmen mit relativ geringem Aufwand berücksichtigt werden.

Ab ca. 85 % TS-Gehalt kann alternativ ein Dünn-/ oder Dichtstrom-Förderverfahren eingesetzt werden. Die Auswahl des Verfahrens ist abhängig von den verfahrenstechnischen Vorgaben und nicht vom TS-Gehalt. Bei einem TS-Gehalt ab ca. 65 % sollte ein Dichtstrom-Langsam-Förderverfahren mit Fördergeschwindigkeiten zwischen 2-5 m/sec. eingesetzt werden.

Dünnstromförderung und Ihre Probleme

Bei der Dünnstromförderung kann es bedingt durch hohe Aufprallgeschwindigkeiten des Granulates in den Förderrohrbögen, (außen eine harte Schale und innen einen weichen Kern), zum Aufbrechen der Granulatkörner kommen und es entstehen Verklebungen in den Bögen, die zu Betriebsstörungen führen. Des Weiteren führen die hohen Geschwindigkeiten zu erhöhtem Verschleiß.

Die pneumatische Förderung unterhalb der Silos kann mittels Dünn-/ bzw. Dichtstromverfahren direkt in den Ofen bzw. in Abscheidebehälter erfolgen, aus denen eine Zu-Dosierung des vollgetrocknetem KS, zum getrocknetem KS in Mischer bzw. Mischschnecken erfolgt.

Dosieranlagen im Versuchslabor
Abb.: Dosierung mittels Dosierschnecke aus Vorratsbehälter

Direkt in den Ofen

Erfolgt die pneumatische Förderung direkt in den Ofen ist eine kontinuierliche bzw. quasi-kontinuierliche pneumatische Dünnstrom Förderung das geeignete Fördersystem. Diese kann so aufgebaut sein, dass aus dem Silo ein darunterliegender Vorlagebehälter befüllt wird, der ggfs. mit einer Verwiegung ausgerüstet ist, um eine definierte Fördermenge und eine Bilanzierung zu realisieren. Aus dem Vorlagebehälter wird der KS dosiert über Zellenradschleuse und/oder Dosier-Förderschnecke der Förderrohrleitung über einen Aufgabeschuh aufgegeben und dem Ofen zugeführt. Die Förderung mittels Vorlagebehälter kann als geschlossenes Druck-System mit Druckausgleichsleitung zum Vorlagebehälter oder als offenes, druckloses, System mit kontinuierlicher Leckgasabführung erfolgen.

Eine weitere Möglichkeit der kontinuierlichen Förderung kann die Förderung über ein sogenanntes Doppelstock-Druckfördergefäß sein. Hierbei wird zuerst der untere Behälter befüllt, anschließend druckdicht verschlossen, und das Produkt über z.B. eine Dosierschnecke mit Aufgabeschuh der Förderrohrleitung aufgegeben, um zum Ofen gefördert zu werden. Während der Förderung wird der obere, im Füllzustand drucklose Behälter, aus dem Silo befüllt. Signalisiert der untere Behälter „Minimum“, erfolgt über eine Ausgleichsleitung ein Druckausgleich zum oberen Behälter, sodass der untere Behälter während der gleichzeitigen Förderung befüllt werden kann. Der leere obere Behälter wird anschließend über eine Entlüftungsleitung in das Silo drucklos gesetzt und erneut über das Silo befüllt. Vorteil dieses Systems ist es, das lange Förderstrecken, mit hohen Drücken realisiert werden können.

Durchblasschleusen bei denen durch das Gehäuse bzw. Zellenradstern gefördert wird, sind aus Gründen der hohen Leckgasmengen (keine Seitenscheiben) und aus Verschleißgründen nicht unbedingt geeignet. Auf kurze Entfernungen und bei geringen Förderleistungen stellt der Injektor ein weiteres mögliches Förderverfahren dar.

Die Planung

Bei der Planung des Förderrohrverlaufes sollte darauf geachtet werden, dass die Förderrohrleitung zum Ofen möglichst geradlinig, mit einem Minimum an Bögen, ausgeführt wird. Bögen und Nachlaufstrecken sind verschleißfest in Schmelzbasalt oder mit keramischer Auskleidung auszuführen und die Flanschverbindungen der Förderleitung gemäß Herstellervorgabe zu schweißen und ausreichend zu haltern. Die Verlegung der Förderleitung sollte horizontal und vertikal erfolgen. Etagenbögen sind möglichst zu vermeiden und der Förderleitungsquerschnitt vor der Aufgabestelle sollte vergrößert werden, um die Fördergeschwindigkeit am Eintrittsstutzen des Ofens zu minimieren.

Das Schubtakt-Langsam Förderverfahren der ISF-Fördertechnik stellt bei der Förderung von Klärschlämmen über 65 % TS-Gehalt, ein bestens für diesen Anwendungsfall geeignetes Pfropfen-Förderverfahren dar und kann als „intelligentes Förderverfahren“ bezeichnet werden.

Ein Vorteil des Systems ist die langsame Förderung, verschleißarme, Förderung mit Geschwindigkeiten unter 5 m/sec. und eine Drucklufteinsparung bis zu 50 % gegenüber herkömmlichen Dichtstromfördersystemen. Die geringen Geschwindigkeiten verhindern das „Aufbrechen“ der KS-Granulate und damit ein Zusetzen der Förderbögen. Zudem kann die Förderleitung im vollen Zustand wieder angefahren werden, sodass die verschleißträchtigen An- und Abfahrvorgänge die bei der diskontinuierlichen Förderung auftreten, vermieden werden. Stopfer sind bei der fachgerechten Auslegung und unter Berücksichtigung der kritischen Stopfgrenzen bei nahezu jedem Produkt ausgeschlossen.

Der erste Pfropfen wird bei diesem Verfahren direkt hinter dem Druckgefäßförderer über ein Begleitluftventil erzeugt und immer wieder gezielt im Laufe der Förderstrecke neu gebildet. Die Gesamtdruckluftmenge wird über eine Luftmengenregelung limitiert.

Das Verfahren ist gekennzeichnet durch die auf der Förderleitung montierten Begleitluftventile, mit vorgeschalteten Magnetventilen und analogen Druckaufnehmern. Die Begleitluftventile sind einfacher Bauart und zeichnen sich durch geringe Herstellungskosten aus. Eine Rückströmung in die Ventile bei Ausfall des Druckluftnetzes ist hierbei ausgeschlossen.

Steuerung der Druckluft

Die Steuerung ausgeführt als „intelligentes und innovatives“ Steuerungssystem bildet entsprechend den auf der Förderrohrleitung montierten Druckaufnehmern auf das Schüttgut abgestimmte Bit-Muster aus. Ausgehend der gemessenen Differenzdrücke zwischen den einzelnen Förderrohrleitungsabschnitten gibt es gezielt die benötigten Luftmengen, bei unterschiedlichen Förderzuständen, über die Begleitluftventile zu. Somit ist die Anlage in der Lage auch stark unterschiedlichen Schüttgüter, durch automatische Anpassung der Druckluftmengen, sicher und verschleißarm zu transportieren. Eine „händische“ Anpassung der Druckluftmengen an den Begleitluftventilen auf jedes einzelne Produkt wird unnötig und kann am Steuerschrank ohne großen Zeitaufwand eingestellt werden.

Literaturverzeichnis:[1] https://www.umweltbundesamt.de/themen/klaerschlammentsorgung-in-deutschland

Sechs Häufchen mit Schüttgut, hinten links von dort nach rechts, Sand, Glas, kleine Kiesel, rechts vorn von links nach rechts Linsen große Kiesel, Pressstäbchen in dunkel, Braun und Quarzsand.
Pneumatische Förderung ist oft ein kostengünstiges und betriebssicheres Fördersystem für eine Vielzahl von Schüttgütern

Über ISF-Fördertechnik GmbH

Die ISF-Fördertechnik GmbH mit Sitz in Gummersbach (NRW) verfügt über 30 Jahre Erfahrung in der Auslegung, dem Vertrieb, der Planung, Projektierung, Bau und Optimierung von Schüttgutanlagen für staubförmige und körnige Produkte. Die Leistungen der ISF-Fördertechnik umfassen die Beratung, Auslegung, der Konzepterstellung und Kostenschätzung zum Neubau- bzw. Umbau bestehender Systeme. Zudem das Basic-/ und Detail- Engineering, der Bauüberwachung, sowie Gutachten und Schulungen.

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