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Kolumne der Schüttgut & Prozess 4/2025

State of the Nation

Letztes Jahr zur selben Zeit habe ich hier einen kleinen Beitrag zum Thema Nachwuchsgewinnung, bzw. den Young Professionals (YPs) geschrieben, der neugierig machen, aber auch wachrütteln sollte. In der Zwischenzeit hat sich einiges getan und darüber möchte ich gern informieren. Denn auch wenn im Moment andere Themen die erste Seite der Tageszeitung dominieren, heißt es nicht: Aus den Augen, aus dem Sinn. Auch ohne Schlagzeilen zum Fachkräftemangel ist die Industrie sensibilisiert und nimmt das YPs-Thema ernst.

Gruppenfoto der Young Professionals des DSIV
Abbildung 1: Gruppenfoto der DSIV Young Professionals Firmenexkursion zur JACOB Group in Porta Westfalica, im Bild: Studierende der Hochschule OWL, Schüler der Müllereifachschule Braunschweig und die Guides von JACOB

Engagement für den Nachwuchs auf der Messe

Eine Institution, die das Thema Studierende schon seit jeher nach ganz oben stellt, ist die NürnbergMesse. Schon historisch ist die POWTECH, jetzt POWTECH TECHNOPHARM, eng verbandelt mit dem PARTEC-Kongress und lockt mit dieser Konferenz jedes Mal Hunderte von Studierenden, Doktoranden und Professoren nach Nürnberg, um sich untereinander und mit Experten aus der Industrie auszutauschen. Dabei muss ich gestehen, mein erster Besuch der POWTECH war tatsächlich nur ein positiver Nebeneffekt der PARTEC-Teilnahme. Aber auch über die akademischere PARTEC hinaus,bietet die POWTECH TECHNOPHARM auch dieses Jahr ein reichhaltiges Programm für Studierende und YPs an, auf das ich mich schon sehr freue.

So werden am 24.09. zum Beispiel die Modellfahrzeuge des VDI-Wettbewerbs ChemCar ins Rennen gehen und die Finalisten im POWTECH-Forum geehrt. Bei diesem Wettbewerb werden Fahrzeuge gebaut, die mittels einer chemischen Reaktion angetrieben werden. Auch einen einstündigen Science Slam im TECHNOPHARM Forum möchte ich mir nicht entgehen lassen. Für alle, die jetzt schon die Hand zur Google-Suche oder zum Wörterbuch führen: Bei einem Science Slam stellen Wissenschaftler in Kurzvorträgen auf unterhaltsame Weise ihre Forschung vor. Gewinner eines Science Slams ist, bei dem weder Unterhaltung noch Erkenntnisgewinn zu kurz kommt. Der 25.09. ist Student Day. An diesem Tag wird es wieder Fachvorträge, Netzwerktreffen und geführte Touren über die Messe geben. Wir vom DSIV sind selbstverständlich auch mit dabei und führen über die Stände unserer Mitglieder um YPs und Schüttgutfirmen zusammenzuführen. Also seien Sie gespannt und bereit für Gespräche mit dem Nachwuchs.

Nachwuchsförderung mit Praxisbezug: Exkursion zur JACOB Group

Aber auch abseits der Messen nehmen wir vom DSIV das Thema der Nachwuchsgewinnung ernst. Nachdem wir im vergangenen Jahr mit unserem Connect-Event in Sinsheim und unserem Übersichtswebinar zur Schüttguttechnik gestartet sind, haben wir dieses Jahr noch eine Schippe draufgelegt: So haben wir von der YP-Initiative z. B. unsere erste Firmenexkursion zur JACOB Group nach Porta Westfalica unternommen. Zusammen mit Professor Rainer Barnekow, seinen Studierenden von der Hochschule OWL und Schülern der Müllereifachschule Braunschweig durften wir Anfang Juli die Produktion begehen, selbst bördeln und schweißen und in interessanten Präsentationen die Firma JACOB näher kennenlernen. Das Programm wurde von den JACOB YPs für die Teilnehmenden erarbeitet und durchgeführt. Besonders eindrucksvoll, weil brutal ehrlich, war die von Jan Sundermann zitierte Aussage des Geschäftsführers Patrick Jacob: „Niemand wacht morgens auf und will in Porta Rohre machen“.

Dieser Satz ist bei JACOB keine Floskel, sondern regt zum Nachdenken an – darüber, wie man sich als Arbeitgeber attraktiv macht. So beteiligt sich das Unternehmen an zahlreichen Forschungsprogrammen und arbeitet mit Start-ups, um neue Themen ins Haus zu holen und Prozesse modern und spannend zu gestalten. Sei es das automatische Lagersystem auf engstem Raum, die Augmented-Reality-Brille zur Anlagen- und Rohrleitungsplanung oder der KI-gesteuerte Schweißprozess. Aber auch abseits der eigenen Produktion und Produkte bekommen die Mitarbeitenden Gestaltungsspielraum und Freiheiten eingeräumt. Denn JACOB hat verstanden, dass nur zufriedene und geforderte Mitarbeitende, die sich mit dem Unternehmen identifizieren, motiviert zur Arbeit kommen, um „Rohre zu machen“.

Ein Formula Rennwagen in einem Schaufenster
Abbildung 2: ein von Greif-Velox unterstützter Formula Student- Rennwagen lädt zum Probesitzen im Foyer in Lübeck ein

Zweite Exkursion in Planung: Greif-Velox lädt ein

In diesem Jahr wollen wir auch noch eine zweite Exkursion anbieten, in deren Planung wir uns gerade befinden. Hierbei soll es zu Greif-Velox nach Lübeck gehen. Auch die Lübecker Kollegen wissen, dass man YPs nicht durch die bloße Präsenz als Firma anlockt. Greif-Velox hat einerseits ein ständiges Team von 6-8 Studierenden, seien es Werksstudenten oder Studienarbeiter, die in einem eigenen Büro schalten und walten können. Dabei geht es nicht nur um die Entwicklung von Abfüllanlagen. Denn Greif-Velox unterstützt zum Beispiel ein Formula-Student-Team, das sicher nicht in einer Abfüllanlage an den Start geht – und tritt mit einem „Werksteam“ bei der Sumobot Competition an, bei der die Studierenden einen Kampfroboter bauen – alles gedruckt auf dem büroeigenen 3D-Drucker. Ich für meinen Teil bin sehr gespannt auf diese Veranstaltung und wir wollen die Exkursion für weitere DSIV-Mitgliederöffnen, wobei die YPs natürlich Vorrang haben.

Junge Stimmen bei den Technologietagen: Erfolgreiche YP-Beteiligung in Braunschweig

Zu guter Letzt: Letztes Jahr prangerte ich die geringe Quote junger Teilnehmer bei unseren Technologietagen an. Hier konnten wir bei unserem Technologietag „Digitalisierung und Simulation“ im Mai in Braunschweig das Rad zurückdrehen. Bei der Erstauflage des Events im Mai waren von den 30 Teilnehmern 15 YPs mit dabei. Eine tolle Quote, die zur Wiederauflage einlädt.

Simulation als Schlüsseltechnologie: Praxisbeispiel von BHS Sonthofen

Insbesondere habe ich mich an diesem Tag über die Vorträge von Clément Zemerli von Bühler und Daniel Klus von BHS Sonthofen gefreut. Beide haben sich bereit erklärt, zu präsentieren, obwohl sie keine DSIV‑Mitglieder sind und als Teilnehmer nicht ins ferne Braunschweig gereist wären. Besonders Daniels Beitrag stellte eindrucksvoll dar, wie BHS seit bereits 20 Jahren auf FEM- und DEM-Simulation baut und diese heute gesamtheitlich auf ihre Anlagen anwendet. Das beginnt bei der Auslegung mit Betrachtung simulierter Schüttgutlasten, über die Bestimmung der Beulfestigkeit für die Druckbehälterauslegung, der Haltbarkeit von Schweißnähten bis hin zur Bestimmung von zyklischer Wärmedehnung im Prozess. Insgesamt beschrieb Daniel, wie mit Simulation die Sicherheit der Anlagen gesteigert und zeitgleich Material und Arbeitszeit eingespart werden konnte, in dem mechanische Schwachstellen erkannt und gezielt verstärkt wurden. Ein packender Vortrag aus der Praxis, dem ich als „Vollzeit-Simulant“nichts hinzuzufügenn habe.

Dr.-Ing. Jan-Philipp Fürstenau

Der Autor unserer Schüttgut-Kolumne ist Dr.-Ing. Jan-Philipp Fürstenau. Als Application Engineer Ansys Rocky bei der CADFEM Germany GmbH beschäftigt er sich primär im Rahmen der Partikelsimulation mit Fragen der Verfahrens- und Schüttguttechnik.

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