Wertstoffsortierung: Druckluftcontainer mit drehzahlgeregelten Kompressoren
Dass das Thema Recycling für Stefan Böhme mehr als ein Job ist, bemerkt der Besucher bereits, bevor er dessen Unternehmen im oberfränkischen Rehau betritt. Ein Steg führt über einen kleinen Teich bis zum Eingang des Bürogebäudes. Die Bohlen sehen zwar aus wie Holz, sind aber aus Recyclingkunststoff gefertigt. „Die Paneele stellt ein Unternehmen in Hessen aus unserer Mischkunststoff-Fraktion her“, berichtet der Betreiber der zweitgrößten Wertstoffsortieranlage Bayerns stolz. „Auch für Bootsstege ist das Material aufgrund seiner Haltbarkeit sehr gefragt.“
Böhme ist es wichtig, dass aus den sortierten Fraktionen wieder etwas Sinnvolles entsteht. Möglichst auf kurzen Wegen bei regionalen Wiederverwertern. Dafür legt er bei seinen Sortierprozessen auch gern noch eine Schippe drauf auf die gesetzlichen Vorgaben. „Es war immer unsere Philosophie, nicht nur das zu tun, was uns der Gesetzgeber vorschreibt, sondern mit den gegebenen technischen Möglichkeiten so viel Material aus den gesammelten Wertstoffen herauszuholen und wiederzuverwerten wie möglich“, erklärt Böhme. „Außerdem haben wir den Ehrgeiz, den Verwertern eine möglichst hohe Qualität zur Verfügung zu stellen.“
Bei der stofflichen Verwertung unter den Top 3 in Deutschland
Was die stoffliche Verwertungsquote angeht, zählt sich Böhme zu den Top 3 in Deutschland. „Wir erreichen hier eine sehr hohe Quote von über 50 Prozent und ermöglichen ein hochwertiges stoffliches Recycling: zu neuen Produkten, Granulaten oder Papierfasern“, beschreibt Böhme den Weg der sortierten Wertstoffe. „Metall geht ins Stahlwerk, Alu wird im sogenannten Umschmelzverfahren gereinigt und aufbereitet. Aus dem Sortierrest lassen wir einen Ersatzbrennstoff herstellen, der beispielsweise im Zementwerk Öl oder Gas ersetzt.“
2018 wurden in Böhmes Anlage rund 70000 Tonnen an Leichtverpackungen sortiert – etwa zehnmal so viel wie bei der Gründung des Standortes vor 22 Jahren. „Anfangs hatten wir 14 Leute, die in einer Schicht an fünf Förderbändern standen und manuell sortiert haben“, erinnert sich Stefan Böhme. Seitdem wurde die Anlage Jahr für Jahr erweitert und automatisiert. Inzwischen wird nur noch wenig von Hand sortiert; die meisten Handsortierkräfte haben im Unternehmen andere Aufgaben übernommen. Heute beschäftigt Böhme insgesamt 115 Mitarbeiter.
Druckluftbedarf steigt mit dem Automatisierungsgrad
Die Sortierung der Kunststoffe erledigen mittlerweile unter anderem sogenannte Nah-Infrarotgeräte. Die scannen das Material, erkennen durch IR-Technik in Sekundenbruchteilen eine zuvor programmierte Fraktion, wie beispielsweise Polypropylen und Polyethylen (PP/PE), und senden dann im richtigen Moment einen Luftimpuls, der das gewünschte Material über einen Trennscheitel auf ein Förderband schießt. Neun dieser Maschinen sind inzwischen im Einsatz. Hinzu kommt noch ein Filmsorter, der nach demselben Prinzip arbeitet und speziell für die Erkennung von Folien eingesetzt wird.
Schnelle Reaktion und passendes Konzept gaben den Ausschlag
Hohe Effizienz durch drehzahlgeregelte Kompressoren
Bei den drei Maschinen der neuen Druckluftstation handelt es sich um öleingespritzte Schraubenkompressoren vom Typ GA 75 VSD+, wovon einer als Redundanz dient. „Trotz der Reservemaschine können wir damit einen Grundlastwechsel generieren, weil die drei Maschinen gleich groß sind. Auf diese Weise lasten wir sie gleichmäßig aus“, erläutert Şevket Suzan. Die GA-VSD+-Kompressoren sind mit einer Drehzahlregelung der neuesten Generation und besonders energiesparenden Permanentmagnetmotoren ausgestattet. Mit ihnen lassen sich im Vergleich zu einer schlecht ausgelasteten Drucklufterzeugung mit Last-Leerlauf-Regelung Energieeinsparungen von bis zu 50 % erzielen. Im Vergleich zur Vorgängergeneration sind die Maschinen noch einmal um 9 % effizienter.
„Bayerisch-Sibirien“ stellt hohe Anforderungen an Drucklufttrocknung
Kompressoren und Trockner lassen sich flexibel kombinieren
„Wir haben das System so aufgebaut, dass wir Kompressoren und Trockner flexibel miteinander kombinieren können und so für alle Fälle gerüstet sind“, beschreibt Suzan die Lösung. „Dafür steht uns zur Sicherheit auch noch ein kaltregenerierender Trockner vom Typ CD 550+ zur Verfügung. Der würde zum Zuge kommen, wenn in den Wintermonaten der warmregenerierende Trockner ausfällt. Wird der Kältetrockner gewartet, können wir auch nur über den Adsorptionstrockner fahren.“
Beim warmregenerierenden Adsorptionstrockner handelt es sich um ein Gerät in der Ausführung „Zero Purge“. Das heißt, der Regenerationsprozess des Trockenmittels kommt komplett ohne Spülluft aus. „Wir eliminieren die Feuchtigkeit mittels Zusatzheizung aus dem Trockenbett“, erläutert Suzan das Prinzip. „Denn die elektrische Heizung ist hier effizienter als die Erzeugung von Spülluft über die Kompressoren. Beim kaltregenerierenden Trockner liegt der Spülluftbedarf je nach Temperatur und Volumenstrom bei 15 bis 30 Prozent der Kompressorleistung.“
Optimizer 4.0 sichert effizienten Betrieb der Kompressoren
Neben den Trocknern umfasst die Druckluftaufbereitung zwei UD+-Filter von Atlas Copco, die Allzweck- und Hochleistungsfilter kombinieren, sowie zwei Staubfilter, die den Adsorptionstrocknern nachgeschaltet sind. Koordiniert wird die komplette Drucklufterzeugung über die neue Optimizer-4.0-Steuerung von Atlas Copco. „Wir können hier ein sehr enges Druckband von plus/minus 0,1 bar fahren, auch weil wir für das Konzept drehzahlgeregelte Maschinen ausgewählt haben“, erläutert Suzan. „Außerdem ist es ein Alleinstellungsmerkmal von Atlas Copco, dass wir den drehzahlgeregelten Kompressoren im Verbund nicht nur ein Anforderungssignal weitergeben und die Regelung der Maschine überlassen, sondern über den Optimizer 4.0 ganz klar vorgeben, mit welcher Drehzahl der Kompressor fahren soll. Damit stellen wir beim gleichzeitigen Betrieb der drehzahlgeregelten Maschinen sicher, dass diese im effizienten Bereich arbeiten.“
Container = sauber und flexibel
Auch die gewünschte schnelle Realisierung des Projekts ließ sich mit der Containerlösung umsetzen. Denn die Kompressoren konnten im Container bereits vorinstalliert werden. Die Umstellung von der alten auf die neue Druckluftstation dauerte dann lediglich einen halben Tag, da nur noch die Medienanschlüsse im Plug-and-Play-Verfahren verbunden werden mussten.
Visualisierung und Monitoring über Smartview
„Aktuell sind wir dabei, die kompletten Verbrauchsdaten unserer Sortieranlage inklusive Druckluft zusammenzuführen“, berichtet Tamara Munzert, die bei Böhme für Energiemanagement, IT und Marketing zuständig ist. „Die notwendigen Messgeräte sind bereits eingebaut, so dass wir dann den Energieverbrauch bis zum kleinsten Gerät nachweisen können. Das ist die Voraussetzung für unser Energieaudit gemäß EN 16247.“
BAFA förderte die Druckluftstation mit 30 % der Investitionskosten
Über Böhme GmbH
Seit 1985 erfasst, sortiert und vermarktet die Böhme GmbH Wertstoffe. In der 1996 eröffneten Hauptgeschäftsstelle in Neukühschwitz bei Rehau und einer Niederlassung in Oberpferdt bei Konradsreuth arbeiten heute insgesamt 115 Mitarbeiter, der Umsatz lag 2017 bei 14,8 Millionen Euro. Der nach § 56 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) zertifizierte Entsorgungsfachbetrieb betreibt unter anderem die größte Sortieranlage für Leichtverpackungen (LVP) für die Dualen Systeme Deutschland in Nordbayern. Darüber hinaus stellt das Unternehmen öffentliche Behälter in den Landkreisen Hof und Wunsiedel bereit und fährt die gesammelten Wertstoffe ab. 2015 hat in Neukühschwitz zudem eine der modernsten Sortieranlagen für Papier ihren Betrieb aufgenommen.
Kontakt
- Compressor Technique Atlas Copco Kompressoren und Drucklufttechnik GmbH
-
Langemarckstraße 35
45141 Essen
Deutschland - www.atlascopco.com