Unverzichtbarer PTFE-Tribofilm

Die Herausforderungen eines universellen PFAS-Verbots

ARTIKEL AUS DER SCHÜTTGUT & Prozess 4/2023

von Dr. Marc Langela, Material- und Produktentwicklung bei der STASSKOL GmbH

Per- und polyfluorierte Chemikalien (PFAS) haben aufgrund ihrer einzigartigen tribologischen Eigenschaften einen festen Platz in der Industrie. Insbesondere das weit verbreitete Polytetrafluorethylen (PTFE) besitzt eine einzigartige molekulare Struktur, welche die Reibung zwischen Oberflächen außergewöhnlich geringhält und damit den Verschleiß beweglicher mechanischer Bauteile minimiert. Obwohldie Vorteile von PFAS-Kunststoffen unbestreitbar sind, stehen sie aufgrund ihrer potenziellen Umweltauswirkungen und gesundheitlichen Risiken zunehmend in der Kritik. Die Diskussion über ein universelles Verbot von PFAS in der Industrie wirft jedoch wichtige Fragen auf, da es aktuell noch keine Alternativen gibt.

Hochleistungskunststoffe werden bei STASSKOL auf Basis pulverförmiger Komponenten hergestellt

Die Bedeutung des Tribofilms

Tribologie, die Wissenschaft von Reibung, Schmierung und Verschleiß, spielt eine entscheidende Rolle bei der Verwendung von PFAS in der Industrie. Der tribologische Film, auch „Tribofilm“ genannt, der sich auf den Oberflächen bildet, ist der Schlüssel zur außergewöhnlichen Leistungsfähigkeit vieler Produkte. PTFE und andere PFAS bilden auf den Oberflächen diesen dünnen Film, der eine geringe Reibung und damit weniger Verschleiß ermöglicht. Wenn ein perfluorierter Werkstoff wie PTFE auf eine Gegenlauffläche trifft, bildet sich ein Mikrometer dünner Tribofilm, der die Oberfläche schützt und die Reibung minimiert. Dieser Film reduziert nicht nur den Verschleiß, sondern trägt auch zur effizienten Energieübertragung in Maschinen und Geräten bei. Es ist dieser Tribofilm, der die einzigartigen tribologischen Eigenschaften von PFAS-Kunststoffen ausmacht.

Die Verformbarkeit ist entscheidend

Die besondere tribologische Leistung von PFAS-Kunststoffen geht mit ihrer aliphatischen Struktur einher, die aus der Kohlenstoff-Fluor-Bindung resultiert. Diese Struktur verleiht den Molekülen eine hohe Flexibilität, die dem Material ermöglicht, sich zu verformen und so optimal an verschiedene Oberflächen anzupassen, selbst bei hohen Geschwindigkeiten. Diese Verformbarkeit ist entscheidend für die Abdichteffizienz in dynamisch beanspruchten Anwendungen, die mit alternativen Hochleistungskunststoffen nicht möglich wäre.

Klammer von oben nach unten links F-C-F ein - rechts von oben nach unten F-C-F Klammer unten ein N
PTFE-Formel

Herausforderungen eines universellen Verbots

Die zunehmende Besorgnis über die Umweltauswirkungen von PFAS und die potenziellen Gesundheitsrisiken haben zu Forderungen nach einem universellen Verbot geführt. Allerdings gestaltet sich ein solches Verbot äußerst komplex und problematisch. Insbesondere in Branchen, in denen Pumpen und Verdichtern zum Einsatz kommen, sind PFAS-Werkstoffe für eine zuverlässige Abdichtung unverzichtbar. Ein Verbot würde zu höherem Verschleiß, verkürzten Standzeiten, erhöhten Leckagen und letztendlich zu Umweltschäden führen. Hier braucht es einfach die einzigartigen tribologischen Eigenschaften von PFASKunststoffen, um unnötige Belastungen für die Umwelt zu vermeiden.

Messeinheit ohne Schutzklappen viele Kabel, Rohre und Messtellen
Messeinheit-Testkompressor
Porträtfoto Dr. Marc Langela, Leiter Material- und Produktentwicklung bei STASSKOL
Dr. Marc Langela, Leiter Material- und Produktentwicklung bei STASSKOL

Die Suche nach Alternativen

Die Suche nach umweltfreundlichen Alternativen zu PFASKunststoffen stellt eine Herausforderung dar. In einigen Anwendungen könnten technische Kunststoffe ohne PFAS verwendet werden, jedoch müssen sie erst die tribologischen Eigenschaften von PFAS-Kunststoffen erreichen. Die Entwicklung solcher Alternativen erfordert eine genaue tribologische Charakterisierung und Anpassung an die spezifischen Anforderungen verschiedener Anwendungen. In einigen Bereichen mit geringerem Belastungskollektiv könnten PFAS-freie Kunststoffe zuverlässige Lösungen bieten, während in anspruchsvolleren Szenarien die Leistung von PFAS-Kunststoffen nach wie vor unerreicht bleibt.

Umweltauswirkungen und Recycling

Ein universelles PFAS-Verbot könnte zu unerwünschten Umweltauswirkungen führen, darunter erhöhte Emissionen von Treibhausgasen und eine verringerte Energieeffizienz. Ein wichtiger Ansatz zur Verringerung der Umweltbelastung ist das Recycling von PFAS-Materialien. Obwohl das Recycling von PTFE lange Zeit als nicht machbar galt, hat STASSKOL eine Methode entwickelt, um PTFE erfolgreich zu recyceln. Wird dem Rohmaterial bei der Herstellung von PTFE-Halbzeugen das Recyclat beigemengt, spart das nicht nur Ressourcen, sondern verbessert auch die tribologischen Eigenschaften des Halbzeugs. Das haben umfangreiche Tests an unserem Prüfstand nachgewiesen.

Ein ausgewogener Ansatz

Die Diskussion über ein PFAS-Verbot erfordert eine ausgewogene Betrachtung. PFAS-Kunststoffe sind in vielen Industriezweigen unverzichtbar und tragen zur Umweltschonung bei, indem sie Leckagen minimieren und die Energieeffizienz steigern. Es ist wichtig zu erkennen, dass nicht alle Anwendungen gleich sind und dass die Suche nach Alternativen sorgfältige tribologische Untersuchungen erfordert. Die optimale Lösung liegt möglicherweise in der Entwicklung umweltfreundlicher Alternativen, die die einzigartigen tribologischen Eigenschaften von PFAS-Kunststoffen nachahmen können.

Fazit: PFAS-Kunststoffe sind ein wichtiger Baustein für die Industrie, der Tribologie, Umweltschutz und Leistungsfähigkeit miteinander verbindet. Ein ausgewogener Ansatz bei der Diskussion über ein mögliches Verbot ist entscheidend, um die Vorteile von PFAS-Kunststoffen zu nutzen und gleichzeitig Umweltschäden zu minimieren. Die Entwicklung von umweltfreundlichen Alternativen und das Recycling von PFAS-Materialien sind Schritte in die richtige Richtung, um eine nachhaltige und leistungsstarke Zukunft zu gestalten.

In silberne „Folie“ eingeschlagene Rohre und eine Art Schaltkasten
Der Einsatz von PFAS-Kunststoffen als Dichtungsmaterial in solchen Kompressorenanlagen ist derzeit alternativlos

Über STASSKOL

Die Firma STASSKOL ist seit über 100 Jahren in der Dichtungstechnik tätig. Zum Produktportfolio gehören Dichtungen für Kompressoren, Wellendichtungen für den Einsatz in rotierendem Equipment sowie in-house entwickelte und hergestellte Hochleistungskunststoffe.

STASSKOL-Dichtungen werden in den verschiedensten Bereichen der Industrie eingesetzt, wie z. B. der Lebensmittelindustrie, der Luft- und Raumfahrt, der Vakuumtechnik, dem Maschinenbau oder der Petrochemischen Industrie zum. Im Unterschied zu anderen Lieferanten ist STASSKOL in der Lage, die Dichtungen nicht nur in Standardgrößen und -ausführungen zu fertigen, sondern Dimensionen, Materialauswahl und Dichtsystem optimal an die Anwendung des Kunden anzupassen. Darüber hinaus entwickeln die Dichtungsexperten eigene Dichtlösungen für Anwendungen, die besonders anspruchsvoll im Hinblick auf Prozesstemperaturen, Drücke und das abzudichtende Medium sind.

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